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Zeugeninformationen

Viele Menschen, die als Zeugin oder Zeuge vor Gericht oder zur Staatsanwaltschaft geladen werden, hatten bislang noch nie etwas mit der Justiz zu tun. Ihnen ist daher häufig unbekannt, wie sie sich als Zeugin oder Zeuge verhalten sollen, welche Rechte und Pflichten sie haben, wie eine Vernehmung im Einzelnen abläuft, ob sie als Zeugin oder Zeuge eine Entschädigung bekommen.

Sie sind von einer Partei des Prozesses bzw. in Strafverfahren vom Gericht, der Staatsanwaltschaft oder der Verteidigung als Zeugin oder Zeuge für bestimmte Tatsachen oder Umstände benannt worden, über die Sie für die Partei oder die Wahrheitsfindung wichtige Angaben machen können. Vielleicht haben Sie einen Unfall oder eine Straftat beobachtet oder waren bei einem Gespräch dabei. In der Ladung ist das Thema Ihrer Vernehmung kurz geschildert. Sie sollen vor Gericht oder bei der Staatsanwaltschaft möglichst umfangreich berichten, was Sie zu diesem Thema wissen, was Sie selbst gehört und gesehen haben.

Wenn Sie eine Ladung von der Staatsanwaltschaft oder zu einem Gerichtstermin erhalten, müssen Sie erscheinen. Dies gilt auch dann, wenn Sie der Meinung sind, nichts Wichtiges zum Verfahren beisteuern zu können oder wenn Sie schon einmal ausgesagt haben.

Wenn Sie meinen, einen Termin definitiv nicht wahrnehmen zu können, rufen Sie bitte bei Gericht oder der Staatsanwaltschaft an und teilen Sie dies mit. Sie finden die Telefonnummer und das Aktenzeichen auf Ihrer Ladung. Nur dringende Gründe können Sie für den ursprünglichen Termin entschuldigen. Ein dringender Grund besteht vor allem bei einer ernsthaften Erkrankung. Die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (gelber Schein) reicht in der Regel als Entschuldigung nicht aus, weil aus diesem weder die Diagnose hervorgeht, noch die Frage der Reise- und Verhandlungsunfähigkeit beschrieben wird. Kein dringender Grund sind normalerweise auch berufliche und private Verpflichtungen. Ob eine Urlaubsreise als dringender Grund anerkannt werden kann, kommt auf den Einzelfall an. Sie dürfen einen Termin erst dann guten Gewissens nicht wahrnehmen, wenn Ihnen ausdrücklich bestätigt wurde, dass Sie nicht erscheinen müssen, eventuell kann ein Ersatztermin festgelegt werden. Konnten Sie kurzfristig nicht zu Gericht oder zur Staatsanwaltschaft kommen, weil Sie zum Beispiel unterwegs einen Unfall hatten, müssen Sie das Gericht oder die Staatsanwaltschaft schnellstmöglich nachträglich informieren und auf Anforderung Belege, zum Beispiel ein Polizeiprotokoll, nachreichen.

Wenn Sie einem Termin ohne Erlaubnis fernbleiben, können Sie zum (nächsten) Termin durch die Polizei vorgeführt werden. Außerdem kann eine Säumnis erhebliche Kostenfolgen haben, ggf. auch die Auferlegung eines Ordnungsgeldes

Eine Zeugin oder ein Zeuge ist grundsätzlich verpflichtet, bei der Staatsanwaltschaft oder vor Gericht vollständig und wahrheitsgemäß auszusagen. Sie helfen dem Gericht bzw. der Staatsanwaltschaft sehr, wenn Sie zu einer Vernehmung Unterlagen mitbringen, über die Sie verfügen (Schadensaufstellungen, Atteste, vielleicht sogar ein Gedächtnisprotokoll).

Wenn Sie mit der oder dem Beschuldigten, der oder dem Angeklagten bzw. den Parteien verheiratet sind oder verheiratet waren oder wenn Sie verlobt sind, müssen Sie nicht aussagen. Gleiches gilt, wenn Sie mit der oder dem Beschuldigten, der oder dem Angeklagten bzw. den Parteien verwandt oder verschwägert sind. Auch wenn ein entfernteres Verwandtschaftsverhältnis besteht, sollten Sie dies angeben. Das Gericht oder die Staatsanwaltschaft prüft, ob Ihnen auch dann ein Zeugenverweigerungsrecht zusteht oder nicht. Falls Sie trotz der verwandtschaftlichen Beziehung aussagen möchten, müssen Sie stets die Wahrheit sagen. Schließlich müssen Sie auch einzelne Fragen, durch deren wahrheitsgemäße Beantwortung Sie sich selbst oder Ihre nahen Angehörigen belasten würden, nicht beantworten.

Verweigern Sie die Aussage unberechtigt, kann zur Erzwingung Ihrer Aussage auch Beugehaft angeordnet werden.

Sofern Sie bei bestehen einer verwandtschaftlichen Beziehung aussagen möchten, sich jedoch davor fürchten, weil der Täter aus dem familiären Umfeld kommt, sollten Sie um Unterstützung durch eine Beratungsstelle nachsuchen.

Besteht Anlass zur Besorgnis, dass durch die Offenbarung Ihrer Identität oder die Angabe der Adresse Sie oder eine andere Person (z.B. ein Familienangehöriger) gefährdet werden könnten, so können diese Angaben geheim gehalten werden; dies sollten Sie rechtzeitig den Ermittlungsbehörden bzw. dem Gericht mitteilen.

Gerichtsverhandlungen sind in der Regel öffentlich. Jeder hat das Recht, als Zuschauerin oder Zuschauer bei der Verhandlung anwesend zu sein. Zur Verhandlung gehören auch die Zeugenaussagen. In Ausnahmefällen kann das Gericht die Öffentlichkeit ausschließen, wenn Sie zum Beispiel über sehr persönliche Dinge aussagen oder intime Details preisgegeben müssen oder wenn durch die Aussage Informationen öffentlich werden würden, die zu einer Gefährdung der Zeugin oder des Zeugen selbst oder anderer Personen führen könnten. Wenn Sie Gründe für einen Ausschluss der Öffentlichkeit haben, teilen Sie dies bitte unverzüglich dem Gericht mit.

Bei besonders schwerwiegender Bedrohung oder Belastung einer Zeugin oder eines Zeugen kann die Vernehmung im Gericht ausnahmsweise in Abwesenheit der oder des Angeklagten durchgeführt werden. Dazu kann das Gericht anordnen, dass die oder der Angeklagte während einer Zeugenaussage den Gerichtssaal verlassen muss oder dass eine Zeugin oder ein Zeuge in einem anderen Raum befragt und die Vernehmung mit einer Videokonferenz in den Sitzungssaal übertragen wird. Das gilt vor allem, wenn die Gefahr besteht, dass eine Zeugin oder ein Zeuge zum Beispiel aus Angst vor der oder dem Angeklagten nicht die Wahrheit sagen würde oder wenn eine Zeugin oder ein Zeuge besonders schutzbedürftig ist. Nicht ausreichend ist hingegen allerdings der bloße Wunsch einer Zeugin oder eines Zeugen, nicht mit der oder dem Angeklagten konfrontiert zu werden. Dafür sollten Zeugen Verständnis haben. Denn es ist für eine oder einen Angeklagten naturgemäß besonders wichtig, belastende Zeugenaussagen selbst mitzuerleben, um sich verteidigen zu können. Das Gericht ist hier gehalten, zwischen den Interessen der Zeugen und den Rechten der oder des Angeklagten gerecht abzuwägen. Eines muss in diesem Zusammenhang allerdings klar sein: Der Inhalt der Zeugenaussage darf vor der oder dem Angeklagten niemals geheim gehalten werden.

Wenn Sie Gründe für einen Ausschluss der Öffentlichkeit haben, teilen Sie dies bitte unverzüglich dem Gericht mit.

Eine Zeugin oder ein Zeuge ist immer berechtigt, einen Rechtsbeistand ihres oder seines Vertrauens zu der Vernehmung hinzuziehen, wenn sie oder er das für erforderlich hält, um von ihren oder seinen prozessualen Befugnissen, insbesondere von einem Zeugnisverweigerungsrecht, sachgerecht Gebrauch machen zu können. Entstehende Kosten muss die Zeugin oder der Zeuge im Regelfall allerdings selbst tragen.

Wenn die Zeugin oder der Zeuge als verletzte oder geschädigte Person im Strafverfahren vernommen wird, gelten jedoch teilweise weitergehende Rechte. Auch können die Kosten für einen Zeugenbeistand in bestimmten Fällen im Strafverfahren von der Staatskasse übernommen werden. Wenden Sie sich in solchen Fällen bitte vorsorglich an das Gericht.

In der Regel bleibt eine Zeugenaussage ohne Eid. In manchen Fällen kann aber das Gericht anordnen, dass die Aussage zu beeiden ist, das heißt, dass man schwören muss, die Wahrheit gesagt zu haben. Der Eid wird immer erst nach der Aussage abgelegt.

Bei öffentlichen Verhandlungen können Sie als Zeugin oder Zeuge, nachdem Sie entlassen wurden, als Zuschauer im Sitzungssaal verbleiben und den Ausgang des Verfahrens mit verfolgen.

Wenn Ihnen durch Ihre Zeugenvernehmung Auslagen entstehen (z.B. Fahrtkosten, Verdienstausfall), werden Ihnen diese im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten erstattet. Bringen Sie zur Zeugenvernehmung Ihre Ladung mit. Das Gericht oder die Staatsanwaltschaft wird auf der Ladung vermerken, wie lange Sie (einschließlich Wartezeiten) anwesend waren. Den Antrag auf Zeugenentschädigung können Sie schriftlich oder persönlich innerhalb von drei Monaten bei dem Gericht oder der Staatsanwaltschaft, das oder die Sie geladen hat, stellen."

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