24.01.2022

IT und Rechtspflege bei der LIT

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Interview zur Zusammenarbeit von Rechtspflege und IT bei der LIT.

Für die erfolgreiche digitale Entwicklung der sächsischen Justiz arbeiten bei der LIT Informatiker und Juristen Hand in Hand. Die Funktionen als Schnittstellen zwischen fachlichen Anforderungen der Justizbehörden und IT spielen eine große Rolle, um bestmögliche digitale Lösungen in der Justiz umzusetzen.

Zwei Kollegen berichten aus der Praxis: Chris und Sandro

Sie sind studierte Rechtspfleger und seit mehreren Jahren bei der LIT tätig. Von beiden erfahren wir neben dem Zusammenspiel von Justiz und IT, wie sie von der Rechtspflege zur LIT und damit zur IT kamen – und vor allem was Rechtspfleger für ein Beruf ist.

 

Kollege Lohse
Sandro ist außerdem Vorstandsmitglied des Verbands Sächsischer Rechtspfleger e.V. und dort Ansprechpartner für fachliche Stellungnahmen.  © LIT/Lohse

Was ist ein Rechtspfleger?

Lieber Chris, lieber Sandro. Bitte klärt uns erstmal auf: Was ist ein Rechtspfleger?

Chris: Das sind Fachjuristen und Beamte des gehobenen Justizdienstes, die spezielle Aufgaben gemäß Rechtspflegergesetz selbstständig und eigenverantwortlich übernehmen. Dabei sind Sie wie Richter sachlich an keine Weisungen gebunden und ihrem Gewissen und dem Gesetz unterworfen. Sie arbeiten bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften und anderen Justizbehörden, wie der Landesjustizkasse oder im Ministerium.

Sandro: Beispielsweise darf ein Rechtspfleger Erbscheine erteilen, über Anträge beim Grundbuch und zu Mahn- und Vollstreckungsvorgängen entscheiden, Insolvenzverfahren führen oder in der Personalverwaltung tätig sein.

Zu den Tätigkeiten gibt es gleich noch etwas mehr Informationen. Wie wird man Rechtspflegerin oder Rechtspfleger?

Sandro: Ich habe Rechtspflege an der Fachhochschule in Meißen (HSF) studiert. Es handelt sich um ein duales Studium, das etwas mehr als drei Jahre dauert und mit einem Diplom abgeschlossen werden kann. Während du in den Praxisphasen die verschiedenen Abteilungen eines Gerichtes und einer Staatsanwaltschaft kennenlernst, wird dir an der Fachhochschule das juristische Hintergrundwissen vermittelt.

Welche Tätigkeiten gibt es für Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger an Justizbehörden und was hattet ihr gemacht?

Sandro: Ich war zehn Jahre am Insolvenzgericht in Chemnitz und davor für ein Jahr in der Zwangsversteigerungsabteilung beim Amtsgericht Görlitz.

Insolvenzverfahren eröffnen Richterinnen und Richter. Ab dann war ich der Ansprechpartner für alle Verfahrensbeteiligten. Die Tätigkeit umfasst dabei alle Verfahrensarten: Verbraucher, Selbstständige, Firmen, Nachlass. Außerdem hatte ich die Tätigkeit von Insolvenzverwaltern beaufsichtigt. Ich leitete die gesetzlich vorgeschriebenen Termine, setzte die Vergütungen des Insolvenzverwalters fest und erließ Verfahrensentscheidungen.

In der Zwangsversteigerungsabteilung war ich ab Antragseingang bis zur Verfahrensbeendigung zuständig. Hier gibt es die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung. Bei den Versteigerungen habe ich Verkehrswerte des Versteigerungsobjektes über Gutachter ermitteln lassen sowie Versteigerungstermine anberaumt und geleitet. Bei den Verwaltungen ordnete ich das Verfahren an, schaltete einen Zwangsverwalter ein und prüfte die Abrechnungen des Verwalters.

Chris: Bei der Staatsanwaltschaft ist man beispielsweise für die Strafvollstreckung verantwortlich. Das bedeutet, dass der Rechtspfleger nach einem Urteil im Strafverfahren dafür sorgt, dass die Geld- oder Haftstrafe auch wirklich vollzogen wird.

Kollege Zenner
Chris ist seit seiner Studienzeit Mitglied des Verbands Sächsischer Rechtspfleger e.V. und seit einiger Zeit Geschäftsführer.  © LIT/Zenner

Ich war vorher bei einem kleinen Amtsgericht und da als Springer eingesetzt – innerhalb kürzester Zeit habe ich in mehreren Abteilungen in Familiensachen, bei Betreuungsangelegenheiten und Grundbucheintragungen gearbeitet.

Und das ist nur die Spitze des Eisberges – bei so ziemlich jedem Gericht gibt es Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger.

Und wie seid ihr dann bei der LIT gelandet?

Sandro: Ich hatte im Jahr 2015 nach fast zehn Jahren am Insolvenzgericht Lust auf Veränderung. Vor der Bewerbung informierten mich Kollegen der LIT. Anfang 2016 konnte ich dann bei der LIT starten.

Chris: Mich interessiert die IT schon immer und ein wenig programmiere ich auch. Auf einer Software-Schulung wurde ich von einem Kollegen aus der LIT angesprochen, ob ich nicht gerne in die IT wechseln würde. Kurz darauf bekam ich die Mitteilung, dass ich im Juli 2015 dort anfangen kann.

Was bringt es der sächsischen Justiz, dass Rechtspfleger wie ihr bei der LIT arbeiten?

Chris: Justizbehörden und LIT – das sind schon zwei verschiedene Welten. Ich habe das Hintergrundwissen, das für meinen Job bei der LIT ausgesprochen hilfreich und notwendig ist. Da ich selber am Gericht war, weiß ich, wie die Kollegen „draußen“ arbeiten und was sie brauchen.

Ich denke, wir tragen in unseren Rollen als Schnittstellen zwischen Fachlichkeit und IT bei, digitale Lösungen bedarfsgerecht im Arbeitsalltag der Justiz zu implementieren. Es ist wichtig zu wissen, wie die Kollegen an den Gerichten arbeiten. Wenn einer der Kolleginnen und Kollegen aus dem technischen Bereich einen Vorschlag hat, kann ich so schnell einschätzen, ob das für die Justizbediensteten funktioniert.

Wenn jemand beim Testen beispielsweise einen Fehler findet, ist es viel einfacher einzuschätzen, wie wichtig oder schwerwiegend der Fehler ist und welche Einschränkungen damit verbunden sind. Ich frage mich „Was bedeutet das Problem für mich, wenn ich jetzt draußen am Gericht arbeiten würde? Wäre ich sehr eingeschränkt, und wenn ja, wo? Wie gehe ich damit um?“ Mit diesem Hintergrundwissen werden aus „anonymen“ Fehlern oder Anliegen konkrete Probleme, die sich auf die Arbeit von 3.500 Leuten auswirken.

Was sind eure Aufgaben bei der LIT?

Was macht ein Rechtspfleger bei der LIT? Oder speziell euch gefragt: Was sind genau eure Aufgaben?

Sandro: Als Projektleiter verantworte ich zwei Entwicklungen im Bereich elektronische Kommunikation und elektronischer Rechtsverkehr. Daneben bin ich stellvertretender Referatsleiter.

Ich bin in einer Abteilung, die sich um die Fachanwendungslandschaft von morgen kümmert. Durch die deutschlandweit fortschreitende Digitalisierung werden Kommunikationsszenarien wichtiger. Bürger, Behörden und Rechtsanwälte möchten Daten digital einreichen. Hier tauschen sie beispielsweise Fachnachrichten aus. Die darin enthaltenen Metadaten, wie Beteiligtendaten und Fachdaten, werden in Softwares importiert. Die elektronische Kommunikation funktioniert über Schnittstellen und Webservices, die zwischen den Kommunikationspartnern abzustimmen und gemeinsam zu entwickeln sind.

Unsere Aufgabe ist es, den Überblick zu erlangen und zu bewahren, Kommunikationsszenarien mit zu entwickeln oder auch Federführungen für deren Entwicklung zu übernehmen. Bereits jetzt begleiten wir 32 Projekte im Umfeld "elektronische Kommunikation" - Tendenz steigend.

Mein Arbeitsalltag sieht grob so aus: Abstimmen, berichten, organisieren und voranbringen. Das heißt viele Telefonate, E-Mails und Webkonferenzen. Konkret wird es, wenn ich Anforderungen an die Entwicklerinnen und Entwickler erstelle, teste und das Ergebnis an den Betrieb übergebe.

Chris: Ich bin Teamleiter im Bereich der Anwendung forumSTAR.

ForumSTAR ist eine justizeigene Software, die in Sachsen 3.500 Anwender an 36 Behörden nutzen. Die Kolleginnen und Kollegen verwalten damit ihre Gerichtsverfahren, erstellen Schreiben und Kostenrechnungen. Sie können Statistiken erstellen, elektronische Post empfangen und noch vieles mehr. Mein Team und ich kümmern uns um den Betrieb der Anwendung, stehen Anwenderinnen und Anwendern bei Fragen und technischen Problemen zur Verfügung, erstellen Anwenderhinweise und Handbücher und führen regelmäßig Updates durch.

Wir werden IT-Fachkräfte eingearbeitet, die neu bei der LIT und der sächsischen Justiz sind?

Auf was können sich neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einstellen, wenn sie in der LIT arbeiten wollen und wie helft ihr in eurem Referat dabei, dass neue Kolleginnen und Kollegen zügig im Thema Justiz-IT ankommen?

Chris: Nicht nur Kolleginnen und Kollegen der LIT, die aus der Justiz stammen, teilen ihr Wissen und erklären, wie die Dinge laufen und welche Zusammenhänge es gibt.

Zusätzlich führen wir Kurse und Schulungen für Neulinge durch. Damit werden alle Grundlagen vermittelt: Struktur der LIT, Aufbau unserer Anwendungen, Ansprechpartner und so weiter. Zur Einarbeitung gibt es übergangsweise einen Stundenplan. Zusätzlich wird ein Pate für Fragen, Unklarheiten und Feedback zur Seite gestellt.

Vielen Dank für euren Einblick. Zum Abschluss unseres Interviews: Was möchtet ihr jungen Kolleginnen und Kollegen aus der Rechtspflege für den beruflichen Weg mitgeben?

Wir wünschen euch alles Gute auf eurem weiteren Weg. Wenn Ihr Interesse an einer abwechslungsreichen, kreativen Tätigkeit habt – dann ist die LIT eine Möglichkeit für euch.

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