Urteil gg Chemnitzer Gruppe verkündet
Der Staatsschutzsenat des OLG Dresden hat die acht Angeklagten wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung, einer davon als Gründer und Rädelsführer verurteilt.
Urteil im Strafverfahren gegen die »Gruppe Chemnitz« verkündet
er Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Dresden hat die acht Angeklagten wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung, einer davon als Gründer und Rädelsführer, zu Freiheitsstrafen zwischen 2 Jahren und 3 Monaten und 5 Jahren und 6 Monaten verurteilt.
Das Gericht sah es nach 34-tägiger Hauptverhandlung als erwiesen an, dass sich die heute zwischen 22 und 32 Jahre alten Männer aus dem Raum Chemnitz Anfang September 2018 in einer geschlossenen Chatgruppe mit dem Namen »Planung zur Revolution« zu der rechtsterroristischen Vereinigung »Revolution Chemnitz« formierten, deren Ziel es war, Schusswaffen zu beschaffen, um unter Inkaufnahme der Tötung von Menschen einen Umsturz der demokratischen Ordnung in der Bundesrepublik Deutschland in Gang zu setzen.
Fünf der Angeklagten wurden zudem wegen Landfriedensbruchs verurteilt, weil sie in den Abendstunden des 14. September 2018 gemeinsam mit anderen gewaltbereiten Personen aus der rechtsextremen Szene im Rahmen eines sogenannten »Probelaufs«, der dem Test der Mobilisierungs- und Aktionsfähigkeit der Gruppierung dienen sollte, auf der Schlossteichinsel in Chemnitz unter Androhung von Gewalt gegen eine größere Gruppe von Jugendlichen und eine weitere Gruppe von sieben Migranten vorgingen. Zu tatsächlicher Gewaltanwendung kam es nur deshalb nicht, weil der Angriff durch zeitnah am Ort eingetroffene Einsatzkräfte der Polizei gestoppt werden konnte. Nach vorläufiger Festnahme dieser fünf Angeklagten konnte die Struktur der Vereinigung über die Chatkommunikation auf den beschlagnahmten Mobiltelefonen aufgedeckt werden.
Bei der Strafzumessung wirkte sich strafmildernd zu Gunsten der Angeklagten vor allem aus, dass die terroristische Vereinigung nur für sehr kurze Zeit bestand. Strafschärfend fiel unter anderem ins Gewicht, dass die Angeklagten mit einer Ausnahme teilweise erheblich vorbestraft sind.
Der Generalbundesanwalt hatte die Verhängung von Freiheitsstrafen von drei Jahren bis zu fünf Jahren und sechs Monaten beantragt. Die Verteidiger der Angeklagten hatten Freisprüche gefordert bzw. für die Verhängung deutlich milderer Strafen plädiert.
Die Angeklagten befinden sich seit Oktober 2018 in Untersuchungshaft. Das Gericht hat gegen fünf Angeklagte die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet; die gegen die weiteren drei Angeklagten bestehenden Haftbefehle wurden gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt.
OLG Dresden, Urteil vom 24. März 2020
Aktenzeichen: 4 St 3/19
Medieninformation 14/2020
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§ 129a Strafgesetzbuch (StGB) Bildung terroristischer Vereinigungen lautet auszugsweise:
(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,
1. Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2. Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3. (weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,
1. einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2. Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3. Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4. Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5. Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.
(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.
(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.
Von dem Abdruck der Absätze (5) bis (9) wurde hier abgesehen.