Geschichtliches über SG Dresden
Die deutsche Sozialgerichtsbarkeit hat - verglichen mit anderen Gerichtsbarkeiten - eine verhältnismäßig kurze Geschichte. Erst infolge der Einführung der bismarckschen Sozialversicherung mit ihren drei Ursprungszweigen Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung bestand Bedarf für eine Überprüfung ihrer Tätigkeit und für Entscheidungen von Streitigkeiten. Diese Aufgabe Übernahmen die Versicherungs- und Oberversicherungsämter sowie das 1884 in Berlin errichtete Reichsversicherungsamt als Teil der Sozialverwaltung. Das Reichsversicherungsamt, dessen Präsident zugleich Präsident des 1919 gebildeten Reichsversorgungsgerichts war, entwickelte sich durch die Entscheidungen seiner selbständigen Spruchkörper jedoch immer mehr zu einem Reichsgericht für die Sozialversicherung.
Unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkrieges setzen die Versicherungs- und Oberversicherungsämter ihre Tätigkeit fort. Bald wurde jedoch offensichtlich, dass wegen der vielen unterschiedlichen und divergierenden Entscheidungen der Oberversicherungsämter eine Institution zur Wahrung der Rechtseinheit benätigt wurde, die an die Stelle des mit dem Reich untergegangenen Reichsversicherungsamtes treten sollte. Jedoch konnte diese Institution nach den Maßstäben des mittlerweile geltenden Grundgesetzes nicht mehr Anhängsel der Verwaltung sein. Deshalb wurde mit dem 1954 in Kraft getretenen Sozialgerichtsgesetz (SGG) eine eigenständige Sozialgerichtsbarkeit geschaffen. An die Stelle der Spruchkörper der Versicherungs- und Oberversicherungsämter traten die Sozial- und Landessozialgerichte; in Kassel wurde das Bundessozialgericht errichtet.
Seit dem 3. Oktober 1990 gilt das SGG nach den Maßgaben des Einigungsvertrages auch in Sachsen. Zuvor war in bestimmten Gebieten der Sozial- und Versorgungsverwaltung der DDR nur ein behördeninternes Einspruchsverfahren vorgesehen; die Anfechtung dieser Entscheidung vor Gerichten war nicht möglich. Nachdem sich zunächst bei den Kreisgerichten Kammern für Sozialrecht bildeten, wurde durch das Sächsische Gerichtsorganisationsgesetz zum 1. Juli 1992 u. a. das Sozialgericht Dresden errichtet. Das Gericht nahm seine Tätigkeit mit fünf Richtern und weniger als zehn Bediensteten auf, heute sind es 34 Richter und rund 115 Bedienstete (Stand: 1. Juli 2023). Schwerpunkt der ersten Jahre waren neben der Umstellung der Verwaltung auf rechtsstaatliche Grundsätze vor allem die Streitigkeiten aus der Arbeitslosenversicherung, später die Überleitung der DDR-Altersversorgung, insbesondere der Zusatzversorgungssysteme, in die bundesdeutsche Rentenversicherung. Seit 2005 kamen in immensem Umfang die Streitigkeiten über Ansprüche aus der Grundsicherung nach dem SGB II und SGB XII (sog. «Hartz IV») hinzu; mittlerweile stammen die Hälfte aller Verfahren aus diesem Fachgebiet. Zugenommen haben darüber hinaus Verfahren aus dem Bereich des Krankenversicherungsrechts, die heute ebenfalls einen großen Anteil der anhängigen Verfahren ausmachen.
Erster Direktor des Gerichts (seit 1996 Präsident) war Dieter Rheinberger. Ihm folgte 1998 Stefan Gasser, der 2004 zum Richter am Bundessozialgericht gewählt wurde. Sein Nachfolger war von Ende 2004 bis Ende 2007 Dr. Matthias Grünberg, der im Anschluss an seine Tätigkeit am Sozialgericht Dresden zum Vizepräsidenten des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts in Bautzen ernannt wurde. Vom 1. Juni 2008 bis 31. Dezember 2018 war Friedrich Schilling Präsident des Sozialgerichts Dresden. Nach dessen Pensionierung stand Herr Dr. Holger Schindler seit dem 1. Februar 2020 dem Gericht vor. Im Juni 2022 wechselte dieser als Präsident an das Amtsgericht Dresden und die Amtsgeschäfte des Gerichts wurden vorübergehend durch den Vizepräsidenten Herrn Dr. Hans von Egidy geführt.
Seit dem 1. Juli 2023 leitet nun erstmals eine Frau das Sozialgericht. Die vormalige Vizepräsidentin des Landgerichts Dresden, Frau Stefanie Vossen-Kempens, wurde zur Präsidentin des Sozialgerichts Dresden ernannt.
Nach mehreren, teilweise langjährigen Provisorien ist das Sozialgericht Dresden seit November 2006 zusammen mit dem Arbeitsgericht und dem Verwaltungsgericht Dresden im Fachgerichtszentrum beheimatet; es residiert in alten Kasernen der Dresdner Albertstadt. Eine ausführliche Darstellung der Geschichte der Gerichtsgebäude findet sich auf der Internetseite des Verwaltungsgerichts Dresden.
Nach erfolgreichen Tests wurde zum April 2011 am Sozialgericht Dresden der Elektronische Rechtsverkehr eröffnet. Weitere Informationen zum Elektronischen Rechtsverkehr sind auf dem Webportal der sächsischen Justiz veröffentlicht.
Im Herbst 2023 erfolgte der vollständige Umstieg auf die elektronische Verfahrensakte.