30.03.2020

Corona-Pandemie

Gerichtliche Eilanträge gegen sächsische Maßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie bleiben ohne Erfolg

Die zur Bekämpfung der aktuellen Corona-Pandemie mit Allgemeinverfügungen des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt erlassenen Maßnahmen werden vom Verwaltungsgericht Dresden für rechtmäßig erachtet. Dies geht aus zwei Beschlüssen vom heutigen Tag hervor (Az. 6 L 212/20, 6 L 220/20). Die aus der Sicht des Gerichts zur Gefahrenabwehr erforderlichen, geeigneten und in Anbetracht der gegenwärtigen Gefahrenlage  auch verhältnismäßigen Einschränkungen persönlicher Freiheiten rechtfertigen auch keine Ausnahme für die Durchführung einer Demonstration mit lediglich wenigen Teilnehmern.

In der Sache zum Az. 6 L 212/20 hatte eine Privatperson beantragt , die aufschiebende Wirkung einer noch zu erhebenden Klage gegen die Allgemeinverfügungen des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und  Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 18. und 22. März 2020 anzuordnen, soweit dies seinem Vorhaben entgegensteht, am 31. März 2020 in Dresden eine Demonstration mit "voraussichtlich 6 Teilnehmern" durchzuführen.  Er sieht sich im Grundrecht der Versammlungsfreiheit beeinträchtigt. Seine Demonstration mit dem Motto "Gesundheit und Grundrechte für alle"  werde durch die Allgemeinverfügungen untersagt, da bis auf wenige Ausnahmen sämtliche öffentliche und nichtöffentliche Veranstaltungen sowie sonstige Ansammlungen und Versammlungen, unabhängig von der Zahl der Teilnehmenden bis zum 20. April 2020 nicht mehr gestattet sind. Zudem ist gegenwärtig  das Verlassen der eigenen Wohnung nur bei Vorliegen triftiger Gründe erlaubt.  Jedermann wird angehalten, die physischen Kontakte zu anderen Menschen außerhalb der Angehörigen des eigenen Hausstands auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren und wo immer möglich, einen Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen zwei Personen einzuhalten. Der Antragsteller vertritt die Ansicht, dass diese Regelungen den Anforderungen an ein Versammlungsverbot nicht genügen. Es sei etwa nicht zu erkennen, dass eine Abwägung der widerstreitenden und vom Grundgesetz geschützten Interessen – Versammlungsfreiheit und Gesundheitsschutz – vorgenommen worden sei. Darüber hinaus habe er selbst ausreichende Vorkehrungen zum Gesundheitsschutz der Demonstrationsteilnehmer getroffen. Auf das Kundgebungsmittel Flugblätter werde verzichtet, die Versammlungsteilnehmer würden Mundschutz tragen. Die Teilnehmer sollten nicht in Gruppen anreisen und es solle ein Mindestabstand von einem Meter zwischen ihnen eingehalten werden.

Die Richter der 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Dresden folgten der Argumentation des Antragstellers nicht. Sie vertreten die Auffassung, dass die getroffenen behördlichen Maßnahmen von den Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes gedeckt seien. Dieses sehe ausdrücklich vor, dass die Behörde Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen einer größeren Anzahl von Menschen beschränken oder verbieten könne. Zwar sei auch insoweit der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Die Kammer habe jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Behörde das ihr eingeräumte Ermessen pflichtwidrig ausgeübt habe. Insbesondere bestünden keine Zweifel an der Erforderlichkeit und Angemessenheit der Regelungen. Der Antragsgegner habe die derzeit vorhandenen medizinischen und epidemiologischen Erkenntnisse berücksichtigt. In Anbetracht der gesundheitlichen Gefährdung einer Vielzahl von Menschen erschienen die Beschränkungen der Versammlungsfreiheit für einen vorübergehenden Zeitraum angemessen. Die grundrechtlich geschützten Interessen des Antragstellers hätten zurückzustehen.

Der Antragsteller könne sich demgegenüber auch nicht darauf berufen, dass mit dem von ihm benannten Maßnahmenkatalog dem Infektionsschutz hinreichend Rechnung getragen werde. Denn es liege nicht in seinem Einflussbereich, wie viele Teilnehmer tatsächlich zu der von ihm angezeigten Versammlung kämen. Auch könne er nicht hinreichend gewährleisten, dass die Teilnehmer die von ihm angedachten Maßnahmen tatsächlich  umsetzten. Eine Einflussmöglichkeit, die er gegebenenfalls als Versammlungsleiter wahrnehmen könne, habe er weder für die Anreise noch für die Abreise der Teilnehmer. Hinzu komme, dass eine öffentliche Versammlung, die an einem relativ stark frequentierten Ort abgehalten werden solle, bereits ihrem Zweck nach darauf ausgerichtet sei, Aufmerksamkeit auch bei unbeteiligten Dritten zu erwecken. Es sei weder vorhersehbar noch vom Veranstalter zu beeinflussen, dass unbeteiligte Personen von außen zu der Versammlung hinzukämen.

Im Verfahren zum Az. 6 L 220/20 wandte sich eine weitere Privatperson ohne konkreten Anlass gegen die mit der Allgemeinverfügung vom 22. März 2020 angeordneten Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie. Der Antragsteller macht im Wesentlichen geltend, dass die Anordnungen nicht in Form einer Allgemeinverfügung hätten erlassen werden dürfen. Vielmehr sehe das Infektionsschutzgesetz für derart umfangreiche und allgemeine Regelungen den Erlass einer Rechtsverordnung vor. lm Übrigen seien die verfügten Eingriffe nicht verhältnismäßig und auch nicht geeignet, das angestrebte Ziel zu erreichen. Die Nachteile für die Bevölkerung würden die Vorteile überwiegen.

Auch hier folgten die Richter der Auffassung des Antragstellers nicht. Die angeordneten Maßnahmen zum Infektionsschutz seien geeignet sowie verhältnismäßig (s. o.) und hätten  auch in Form einer Allgemeinverfügung ergehen konnten. Die gegenteilige Auffassung des Verwaltungsgerichts München in der Entscheidung vom  24. März 2020 (Az.: M 26 S 20.1252) werde nicht geteilt.

Gegen beide Entscheidungen können die Betroffenen jeweils binnen zwei Wochen Beschwerde beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht einlegen.

zurück zum Seitenanfang