Pressemitteilungen aus dem Jahr 2020
Die 16. Große Strafkammer (Staatsschutzkammer) des Landgerichts Dresden hat heute in einem seit dem 15. November 2018 geführten Verfahren am 106. Hauptverhandlungstag das Urteil gegen drei Mitglieder bzw. Unterstützer der sog. »Freien Kameradschaft Dresden« (FKD) verkündet.
Die Angeklagten wurden u.a. wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung bzw. Unterstützung derselben, Landfriedensbruchs und teilweise auch wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion sowie wegen Körperverletzungsdelikten zu Gesamtfreiheitsstrafen von vier Jahren und sechs Monaten (Angeklagter H.), drei Jahren und sechs Monaten (Angeklagter L.) und zwei Jahren (Angeklagter V.) verurteilt, wobei die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe hinsichtlich des Angeklagten V. zur Bewährung ausgesetzt wurde. Beim Angeklagten L. hat die Kammer die Strafen aus einem früheren Urteil des Landgerichts Gera einbezogen.
Die FKD wurde Ende Juli 2015 gegründet, um insbesondere durch die Teilnahme an rechtsgerichteten Demonstrationen die Gesinnung ihrer Mitglieder nach außen hin kundzutun. In der Folge kam man indes rasch überein, die Ziele der FKD auch durch gewalttätige Aktionen gegenüber politisch Andersdenkenden und Asylsuchenden durchzusetzen.
Das Gericht hat sich aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Angeklagte H. an den Ausschreitungen vom 21. und 22. August 2015 in Heidenau, an dem Angriff auf zwei Asylunterkünfte am 23. August 2015 in Dresden und beim Überfall auf das alternative Wohnprojekt »Mangelwirtschaft« in der Overbeckstraße in Dresden am 18. Oktober 2015 beteiligt war. Der Angeklagte V. hat nach den Feststellungen der Kammer das Tatgeschehen in der Overbeckstraße im Vorfeld unterstützt. Dieser hat zudem mit dem Angeklagten L. an den schweren Ausschreitungen in Leipzig-Connewitz am 11. Januar 2016 mitgewirkt.
In Heidenau hatten sich am 21. August 2015 nach Beendigung einer von der NPD veranstalteten Demonstration rund 100 Personen, darunter der Angeklagte H., in unmittelbarer Nähe einer Asylunterkunft versammelt und eine Barrikade auf der Straße errichtet. Später kam es zu Angriffen auf Polizeibeamte mittels Wurfgeschossen.
Am Folgetag hatte sich im Bereich dieser Asylunterkunft erneut eine ähnlich große Anzahl gewaltbereiter Personen, darunter abermals der Angeklagte H., versammelt. Aus der Gruppe heraus wurden die zum Schutz der Einrichtung eingesetzten Polizeibeamten mit Feuerwerkskörpern, Steinen, Flaschen und Teilen einer Baustelleneinrichtung beworfen. Zwei Polizeibeamte wurden im Zuge dieser Auseinandersetzung verletzt.
Für den 23. August 2015 war ein zeitgleicher Angriff auf zwei Asylunterkünfte in Dresden geplant worden. Die erste Gruppe begab sich zu der Unterkunft in der Podemusstraße, welche mit Pflastersteinen und Knallkörpern beworfen wurde. Ein Knallkörper gelangte in einem zu diesem Zeitpunkt von zwei Flüchtlingen bewohnten Zimmer zur Explosion, wobei diese nur aufgrund glücklicher Umstände nicht verletzt wurden. Der geplante Angriff auf eine andere Asylunterkunft durch die zweite Gruppe, zu der wiederum der Angeklagte H. gehörte, wurde abgebrochen, nachdem ein Teilnehmer auf dem Weg zum Tatort vorzeitig einen Knallkörper gezündet hatte und die Gruppe in Panik geraten war.
Bei dem gemeinsam mit der gleichfalls rechtsextremistischen »Gruppe Freital« durchgeführten Überfall in der Overbeckstraße gehörte der Angeklagte H. der für die Durchführung eines »Ablenkungsangriffs« zuständigen, v.a. aus Mitgliedern der FKD bestehenden, Personengruppe an, die das Gebäude von vorn angreifen sollte. Kurz vor Mitternacht begann die Gruppe, das Gebäude mit Pflastersteinen und Sprengkörpern zu bewerfen. Ein Sprengkörper gelangte ins Gebäudeinnere und explodierte in der Nähe eines Bewohners, der hierdurch leicht verletzt wurde.
Eine v.a. aus Mitgliedern der »Gruppe Freital« bestehende zweite Gruppe näherte sich währenddessen dem Haus von hinten und bewarf dieses ebenfalls mit Steinen und Sprengkörpern. Der Angriff musste aufgrund der Gegenwehr der Bewohner jedoch abgebrochen werden.
Der Angeklagte V. war bei dieser Aktion zwar nicht persönlich anwesend, hatte aber dabei geholfen, das Treffen der gewaltbereiten Personen im Vorfeld über die Chat-Gruppe der FKD zu organisieren.
Am 11. Januar 2016 hatten sich über 200 Personen aus dem rechtsextremen Spektrum, darunter die Angeklagten L. und V., in Leipzig versammelt, um in den Stadtteil Connewitz wegen des dort zu erwartenden Zusammentreffens mit politisch linksgerichteten Gruppen unter Mitführung von Pyrotechnik, Teleskopschlagstöcken und Äxten einzudringen. In der Folge kam es zu schweren Krawallen, bei denen u.a. eine Vielzahl von Gebäuden und Kraftfahrzeugen beschädigt wurden.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Az.:
Landgericht Dresden 16 KLs 373 Js 81/16
Der Präsident des Landgerichts Dresden hat eine Anordnung zur Steuerung des Besucherverkehrs getroffen, um einerseits Infektionsrisiken in Folge der derzeitigen Ausbreitung des sog. Corona-Virus (SARS-CoV-2) zu minimieren, andererseits insbesondere den Zugang interessierter Zuhörer zu den öffentlichen Verhandlungen weiterhin zu gewährleisten.
Sie verwehrt solchen Personen den Zutritt, bei denen aufgrund bestimmter Tatsachen ein begründeter Verdacht besteht, dass es sich bei ihnen um Träger des Virus handeln könnte.
Die Anordnung gilt für Besucher sämtlicher im Justizzentrum untergebrachter Gerichte und Behörden (Generalstaatsanwaltschaft, Staatsanwaltschaft Dresden, Landgericht Dresden und Amtsgericht Dresden).
Wegen der Einzelheiten wird auf die Internetseite des Landgerichts verwiesen. Hier kann die Anordnung abgerufen werden
Die 3. Große Strafkammer (Staatsschutzkammer) des Landgerichts Dresden hat heute in einem seit September 2017 geführten Verfahren am 115. Hauptverhandlungstag das Urteil gegen sechs Mitglieder der sog. »Freien Kameradschaft Dresden« (FKD) verkündet.
Die Angeklagten wurden u.a. wegen Rädelsführerschaft oder mitgliedschaftlicher Beteiligung in einer kriminellen Vereinigung, Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion (bzw. Beihilfe hierzu), Landfriedensbruchs und Körperverletzungsdelikten zu Gesamtfreiheitsstrafen von sechs Jahren, vier Jahren und acht Monaten, vier Jahren und vier Monaten, vier Jahren bzw. von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Ein Angeklagter erhielt eine Jugendstrafe von vier Jahren und zwei Monaten. Bei der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren wurden Strafen aus einem früheren Urteil einbezogen.
Nach den Feststellungen der Kammer wurde die FKD im Sommer 2015 zunächst mit dem Ziel gegründet, insbesondere durch die Teilnahme an rechtsgerichteten Demonstrationen die Gesinnung ihrer Mitglieder nach außen hin kundzutun. Der Angeklagte Z. wurde hierbei zum Rädelsführer der Gruppe gewählt. Es erfolgte rasch eine Radikalisierung der FKD mit der Absicht, ihre Ziele auch durch gemeinsam geplante gewalttätige Aktionen durchzusetzen. Diese richteten sich gegen politisch Andersdenkende und Asylsuchende, aber auch gegen Polizeibeamte, soweit diese zum Schutz von Einrichtungen eingesetzt wurden, die Gegenstand von Aktionen der FKD waren.
Das Gericht hat sich im Zuge der Beweisaufnahme, bei der über 100 Zeugen gehört worden sind, u.a. davon überzeugt, dass vier der Angeklagten an den Ausschreitungen vom 22. August 2015 in Heidenau, drei Angeklagte an dem Angriff auf Asylunterkünfte am Folgetag in Dresden, fünf Angeklagte beim Überfall auf die sog. »Mangelwirtschaft« in der Overbeckstraße am 18. Oktober 2015 und vier der Angeklagten bei den schweren Ausschreitungen in Leipzig-Connewitz am 11. Januar 2016 beteiligt waren.
In Heidenau hatte sich im Bereich einer Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber eine große Anzahl gewaltbereiter Personen versammelt. In der Folge wurden aus der Gruppe heraus die zum Schutz der Einrichtung eingesetzten Polizeibeamten mit Feuerwerkskörpern, Steinen, Flaschen und Teilen einer Baustelleneinrichtung beworfen, woran sich einer der Angeklagten aktiv beteiligte, während drei weitere Angeklagte die Aktion durch ihre Anwesenheit unterstützten. Zwei Polizeibeamte wurden im Zuge dieser Auseinandersetzung verletzt. Am 23. August 2015 erfolgte unter Beteiligung einer Angeklagten ein Angriff auf ein Asylbewerberheim in der Podemusstraße in Dresden, bei dem Pflastersteine und Knallkörper gegen – z.T. auch geöffnete – Fenster des Gebäudes geworfen wurden. Ein Knallkörper gelangte in einem zu diesem Zeitpunkt von zwei Flüchtlingen bewohnten Zimmer zur Explosion, wobei diese nur aufgrund glücklicher Umstände nicht verletzt wurden. Der geplante zeitgleiche Angriff auf eine andere Asylunterkunft durch eine Gruppe, der zwei weitere Angeklagte angehörten, wurde abgebrochen, nachdem ein Teilnehmer auf dem Weg zum Tatort vorzeitig einen Knallkörper gezündet hatte.
Bei dem gemeinsam mit der rechtsterroristischen »Gruppe Freital« durchgeführten Überfall auf die »Mangelwirtschaft« befanden sich zwei Angeklagte in der für die Durchführung eines »Ablenkungsangriffs« zuständigen, v.a. aus Mitgliedern der FKD bestehenden Personengruppe, die das Gebäude von vorn angreifen sollte. Zwei weitere Angeklagte hatten sich während des Vorrückens von der Gruppe abgesetzt. Kurz vor Mitternacht begann die Gruppe, das Gebäude mit Pflastersteinen und Sprengkörpern zu bewerfen. Ein Sprengkörper gelangt ins Gebäudeinnere und explodierte in der Nähe eines Bewohners, der hierdurch leicht verletzt wurde. Ein im Anschluss geworfener Pflasterstein verfehlte dessen Kopf nur knapp.
Eine v.a. aus Mitgliedern der »Gruppe Freital« bestehende zweite Gruppe näherte sich währenddessen dem Haus von hinten und bewarf dieses ebenfalls mit Steinen und Sprengkörpern. Der Angriff, der auch dem Ziel diente, das Gebäude durch den Einsatz von Buttersäure für geraume Zeit unbewohnbar zu machen, musste aufgrund der Gegenwehr der Bewohner jedoch abgebrochen werden.
Während des Geschehens wartete eine weitere Angeklagte in einem Fluchtfahrzeug in der Nähe des Tatortes.
Im Vorfeld des Geschehens vom 11. Januar 2016 hatten sich über 200 Personen aus dem rechtsextremen Spektrum, darunter vier der hier Angeklagten, in Leipzig versammelt. Dort kam man überein, als geschlossene Gruppe in den Stadtteil Connewitz wegen des dort zu erwartenden Zusammentreffens mit politisch linksgerichteten Gruppen unter Mitführung von Pyrotechnik, Teleskopschlagstöcken und Äxten »einzumarschieren«. In der Folge kam es zu schweren Krawallen, bei denen u.a. eine Vielzahl von Geschäften und Kraftfahrzeugen beschädigt wurden. Der Sachschaden betrug insgesamt rund 112.000 Euro.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Az.: Landgericht Dresden 3 KLs 373 Js 66/16