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2019

Afghanischer Flüchtling erhält Berufsausbildungsbeihilfe

Das Sozialgericht Leipzig hat die Bundesagentur für Arbeit mittels einstweiliger Anordnung zur vorläufigen Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe für einen afghanischen Flüchtling verpflichtet. Der seit Herbst 2015 in Deutschland lebende Flüchtling absolviert seit August 2018 eine reguläre betriebliche Berufsausbildung zum Einzelhandelskaufmann. Weil seine Ausbil-dungsvergütung von ca. 700,- € brutto monatlich im ersten Lehrjahr zur Deckung aller Lebenshaltungskosten einschließlich Unterkunft nicht ausreicht, beantragte er auf Aufforderung der Ausländerbehörde ergänzende Berufs-ausbildungsbeihilfe von monatlich 113,- € bei der Bundesagentur für Arbeit.
 

Afghanischer Flüchtling erhält Berufsausbildungsbeihilfe
 

Das Sozialgericht Leipzig hat die Bundesagentur für Arbeit mittels einstweiliger Anordnung zur vorläufigen Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe für einen afghanischen Flüchtling verpflichtet. Der seit Herbst 2015 in Deutschland lebende Flüchtling absolviert seit August 2018 eine reguläre betriebliche Berufsausbildung zum Einzelhandelskaufmann. Weil seine Ausbildungsvergütung von ca. 700,- € brutto monatlich im ersten Lehrjahr zur Deckung aller Lebenshaltungskosten einschließlich Unterkunft nicht ausreicht, beantragte er auf Aufforderung der Ausländerbehörde ergänzende Berufsausbildungsbeihilfe von monatlich 113,- € bei der Bundesagentur für Arbeit. Diese lehnte den Antrag jedoch mit Verweis auf die unsichere Bleibeperspektive des Flüchtlings ab. Er verfügte nach Ablehnung seines Asylantrages lediglich über eine befristete Aufenthaltsgestattung.

Mit seinem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Leipzig hatte der Flüchtling vollen Erfolg. Das Gericht begründet seinen Beschluss angesichts offener Rechtslage mit einer Folgenabwägung. Den größten Teil seines Existenzminimums sichere sich der Antragsteller bereits über seine Ausbildungsvergütung. Ohne die Aufstockung durch Berufsausbildungsbeihilfe sei das Existenzminimum des Antragstellers aber gefährdet. Denn so lange er eine Berufsausbildung absolviere, habe er weder Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz noch einen anderweitigen Grundsicherungsanspruch. Nach der gesetzlichen Sonderregelung für die Ausbildungsförderung von Ausländern in § 132 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) seien Ausländerinnen und Ausländer förderungsfähig, bei denen ein gesicherter und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist. Wann eine derartige «gute Bleibeperspektive» anzunehmen ist, sei angesichts der gesetzlichen Änderungen im Aufenthaltsrecht noch nicht abschließend geklärt. Die Tendenz des Gesetzgebers zugunsten gut integrierter erwerbstätiger Ausländer sei zu berücksichtigen. Nach Auskunft der IHK Leipzig seien in ihrem Bezirk bereits positive Auswirkungen der Öffnung des Ausbildungsmarktes für Asylbewerber spürbar. Ihre Integration in die Ausbildungsbetriebe funktioniere sehr gut. Die erheblichen Investitionen der Betriebe in die Ausbildung machten eine Übernahme nach erfolgreichem Abschluss auch angesichts vieler unbesetzter Stellen wahrscheinlich. Im Verhältnis zum Wert der Ausbildung und den späteren Erwerbsaussichten einerseits und den ohne Ausbildungsvergütung und Erwerbsarbeit zu gewährenden Sozialleistungen andererseits wiege der moderate Förderbetrag gering.

Hinweis: Der bereits am 6. Dezember 2018 ergangene Beschluss ist unter dem Aktenzeichen S 1 AL 232/18 ER veröffentlicht. Er ist nicht rechtskräftig.

§ 132 SGB III - Sonderregelung für die Ausbildungsförderung von Ausländerinnen und Ausländern - gilt seit 01.08.2018 und lautet:

§ 132 (1) Ausländerinnen und Ausländer, bei denen ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist, gehören nach Maßgabe der folgenden Sätze zum förderungsfähigen Personenkreis nach § 59 für Leistungen 1.nach den §§ 51, 75 und 130, wenn ihr Aufenthalt seit mindestens drei Monaten gestattet ist, und 2.nach den §§ 56 und 122, wenn ihr Aufenthalt seit mindestens 15 Monaten gestattet ist. Bei einer Asylbewerberin oder einem Asylbewerber, die oder der aus einem sicheren Herkunftsstaat nach § 29a des Asylgesetzes stammt, wird vermutet, dass ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt nicht zu erwarten ist. Die oder der Auszubildende wird bei einer Berufsausbildung ergänzend zu § 60 Absatz 1 Nummer 1 nur mit Berufsausbildungsbeihilfe gefördert, wenn sie oder er nicht in einer Aufnahmeeinrichtung wohnt. Eine Förderung mit einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme setzt ergänzend zu § 52 voraus, dass die Kenntnisse der deutschen Sprache einen erfolgreichen Übergang in eine Berufsausbildung erwarten lassen.

(2) Geduldete Ausländerinnen und Ausländer (§ 60a des Aufenthaltsgesetzes) gehören zum förderungsfähigen Personenkreis nach § 59 für Leistungen 1.nach den §§ 75 und 130 Absatz 1 Satz 1, wenn sie sich seit mindestens zwölf Monaten ununterbrochen rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhalten; dies gilt auch für außerhalb einer betrieblichen Berufsausbildung liegende, in § 75 Absatz 2 genannte Phasen, und 2.nach den §§ 51, 56 und 122, wenn sie sich seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhalten und kein Beschäftigungsverbot nach § 60a Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes besteht.

(3) Ausländerinnen und Ausländer, die eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 3, Absatz 4 Satz 2 oder Absatz 5, § 31 des Aufenthaltsgesetzes oder als Ehefrau oder Ehemann oder Lebenspartnerin oder Lebenspartner oder Kind einer Ausländerin oder eines Ausländers mit Aufenthaltserlaubnis eine Aufenthaltserlaubnis nach § 30, den §§ 32 bis 34 oder nach § 36a des Aufenthaltsgesetzes besitzen, gehören zum förderungsfähigen Personenkreis nach § 59 für Leistungen nach den §§ 56, 75, 122 und 130, wenn sie sich seit mindestens drei Monaten ununterbrochen rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhalten.

(4) Die Sonderregelung gilt für 1.Maßnahmen, die bis zum 31. Dezember 2019 beginnen, und 2.Berufsausbildungsbeihilfe oder Ausbildungsgeld, wenn diese oder dieses vor dem 31. Dezember 2019 beantragt wird und die weiteren Anspruchsvoraussetzungen zu diesem Zeitpunkt erfüllt sind.(5) 1Findet während der Leistung ein Wechsel des Aufenthaltsstatus statt, ohne dass ein Beschäftigungsverbot vorliegt, kann eine einmal begonnene Förderung zu Ende geführt werden. 2Die Teilnahme an einer Förderung steht der Abschiebung nicht entgegen.

§ 22 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) - Sozialhilfe - in der aktuellen Fassung vom 20.12.2011 lautet:

§ 22 Sonderregelungen für Auszubildende

(1) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder der §§ 51, 57 und 58 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel. In besonderen Härtefällen können Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel als Beihilfe oder Darlehen gewährt werden. […]

Der Präsident des Sozialgerichts Leipzig, Dr. Hartwig Kasten, ist mit Wirkung zum 1. April 2019 zum Vizepräsidenten des Sächsischen Landessozialgerichts in Chemnitz ernannt worden.

 

Der Präsident des Sozialgerichts Leipzig, Dr. Hartwig Kasten, ist mit Wirkung zum 1. April 2019 zum Vizepräsidenten des Sächsischen Landessozialgerichts in Chemnitz ernannt worden. Dr. Hartwig Kasten hat seine Justizlaufbahn 1998 als Richter auf Probe am Sozialgericht Leipzig begonnen. Am Sächsischen Landessozialgericht war er zuletzt von 2006 bis Anfang 2011 tätig und hiernach an das Sozialgericht Leipzig abgeordnet. Nach seiner Versetzung im April 2012 übernahm er zunächst als dessen Vizepräsident, ab Juni 2017 als Präsident des Sozialgerichts Leipzig Aufgaben der Gerichtsverwaltung. Am Sächsischen Landessozialgericht wird er den Vorsitz im 8. Senat führen, der für Rechtsfragen auf dem Gebiet der Sozialhilfe (SGB XII) und des Asylbewerberleistungsgesetzes zuständig ist.

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