Verbot "Querdenken 351"-Demonstration
"Querdenken 351"-Demonstration am 12. Dezember 2020 in Dresden bleibt verboten
Die für den morgigen 12. Dezember 2020 in Dresden geplante Demonstration der Initiative "Querdenken351" bleibt verboten. Die Organisatoren sind mit ihrem gerichtlichen Eilantrag gegen das von der Versammlungsbehörde der Landeshauptstadt Dresden ausgesprochene Demonstrationsverbot gescheitert. Dies entschied das Verwaltungsgericht Dresden mit Beschluss vom 11. Dezember 2020, Az. 6 L 938/20.
Die Versammlungsbehörde der Landeshauptstadt Dresden hatte die Veranstaltung mit Bescheid vom 8. Dezember 2020 verboten und untersagte jede Form von Ersatzveranstaltungen am 12. und 13. Dezember 2020 in ihrem gesamten Stadtgebiet. Zur Begründung wurde auf die hohe zu erwartende Teilnehmerzahl und die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit in Dresden vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Pandemiesituation verwiesen. Zudem hat die Stadt eine Allgemeinverfügung erlassen, nach der alle Versammlungen am 12. Dezember 2020 untersagt wurden, die nicht bis zum 9. Dezember 2020, 24 Uhr, bei der Versammlungsbehörde angezeigt worden sind. Zur Begründung ihrer Maßnahmen führte die Behörde aus, dass in vergangenen Demonstrationen seitens der "Querdenker" weder Abstandgebote eingehalten, noch die Maskenpflicht befolgt worden sei. Behördliche Auflagen oder polizeiliche Aufforderungen seien ignoriert worden. Um ein "Superspreader-Event" mit schwerwiegenden Folgen für viele auch unbeteiligte Menschen zu verhindern, stelle das ausgesprochene Versammlungsverbot die einzige Möglichkeit dar. Ein milderes Mittel gebe es nicht. Die erlassene Allgemeinverfügung diene dem Zweck, eine Umgehung des Verbots durch spontane Versammlungen zu verhindern. Denn von solchen Veranstaltungen könne ebenfalls eine erhebliche Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung ausgehen. Stadt und Polizei könnten nur mit dem verfügten zeitlichen Vorlauf Versammlungsanzeigen im Hinblick auf deren infektionsschutzrechtliche Vertretbarkeit prüfen.
Gegen beide Regelungen wandte sich der Versammlungsanmelder mit seinen heute Morgen beim Verwaltungsgericht Dresden gestellten vorläufigen Rechtsschutzanträgen. Er argumentierte u. a. damit, dass die Versammlungs-, die Meinungs- und die Informationsfreiheit der potentiellen Demonstrationsteilnehmenden beschnitten werde. Die Stadtverwaltung arbeite mit Vermutungen hinsichtlich der Gefährlichkeit der Kundgebung. Die von der Behörde der Versammlung zugeschriebene Gefahr von vermehrten Ansteckungen, sei wissenschaftlich voraussichtlich nicht haltbar, weil nach wissenschaftlichen Erkenntnissen Ansteckungen vor allem in Innenräumen erfolgten. Die Maskenpflicht außerhalb von geschlossenen Räumen sei reine Symbolpolitik. Aus den beanstandeten Verfügungen gehe auch nicht hervor, warum die Antragsgegnerin davon ausgehe, dass auf sogenannten "Querdenker"-Demonstrationen Abstände nicht eingehalten würden.
Demgegenüber wies die Behörde auf den heute erreichten bundesweiten Höchststand von fast 30.000 Covid-19-Neuinfektionen hin. Seit dem 4. Dezember 2020 sei ein deutlicher Anstieg der Fallzahlen zu verzeichnen. Bisherige Beschränkungen hätten keine signifikante Senkung der Infektionszahlen bewirkt. In Dresden habe die Inzidenzzahl seit dem 7. Dezember 2020 über 200 gelegen. Dies untermauere die im angefochtenen Bescheid dargestellte konkrete und unmittelbare Gefahr für Leib und Leben einer Vielzahl von Menschen bei Durchführung der Versammlung des Antragstellers. Der Antragsteller und die maßgeblich beteiligten Unterstützer aus der Querdenker-Bewegung ließen erkennen, dass keine Bereitschaft bestehe, sich an behördliche oder gerichtliche Auflagen zu halten.
Letztlich folgten die Richter der Argumentation der Versammlungsbehörde. Deren Prognose, dass es bei der Durchführung der angemeldeten Versammlung zu einer erheblichen Infektionsgefahr für Versammlungsteilnehmer, Polizeibeamte und Passanten kommen würde, sei nicht zu beanstanden. Die Behörde sei "ohne Rechtsfehler" davon ausgegangen, dass eine Versammlung in der angemeldeten Größenordnung jedenfalls nur dann vertretbar ist, wenn sichergestellt ist, dass Mund-Nasen-Bedeckungen konsequent getragen und der gebotene Mindestabstand eingehalten wird, dass sich aber eine signifikante Anzahl der Versammlungsteilnehmer nicht an diese Schutz- und Hygienemaßnahmen halten wird. Die Durchführung einer Versammlung mit jedenfalls 4.000 Teilnehmern und der zu erwartende Geschehensablauf stelle vor dem Hintergrund der im Vergleich zum Bundesgebiet in Sachsen überdurchschnittlichen und in Dresden weiterhin hohen Infektionszahlen ein unkalkulierbares und nicht zu kontrollierendes Risiko für das Schutzgut der körperlichen Unversehrtheit von beteiligten und unbeteiligten Personen dar. Die Kammer sehe Ähnlichkeiten zu Versammlungen, bei denen es zu teils massiven Verstößen gegen Abstands- und Hygienemaßnahmen gekommen sei. Insofern könne auch für die morgige Versammlung nicht davon ausgegangen werden, dass noch ein vertretbares Maß an Infektionsrisiko bestehe. Die Stadt dürfe die Versammlung "ausnahmsweise präventiv verbieten", denn eine mildere und zur Gefahrenabwehr gleich geeignete Maßnahme stehe ihr nicht zur Verfügung. Die Erfahrungen der zuletzt durchgeführten Großdemonstrationen der Querdenker-Bewegung hätten gezeigt, dass sich etwa verfügte Auflösungen bei mehreren tausend Anhängern dieser Bewegung nicht effektiv durchsetzen ließen. Vielmehr seien nach Auflösungen massenhaft Verstöße gegen Abstandsregeln festgestellt worden. Zudem seien Ausschreitungen mit Polizeikräften zu erwarten.
Gegen den Beschluss kann binnen zwei Wochen Beschwerde an das Sächsische Oberverwaltungsgericht erhoben werden.
Update vom 14.12.2020 - Der Beschluss wurde mit Entscheidungen des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts sowie des Bundesverfassungsgerichts vom 12.12.2020 bestätigt - Das Demonstrationsverbot der Landeshauptstadt hat Bestandskraft erlangt.