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2019

Sächsisches Landessozialgericht bestätigt Entscheidung des Sozialgerichts Dresden

Der Antragsteller, ein 2006 geborener gehörloser Schüler der «Johann-Friedrich-Jencke-Schule in Dresden» beantragte gegenüber dem für ihn zuständigen Träger der Sozialhilfe eine gerichtliche Eilentscheidung, weil dieser es abgelehnt hatte, die Kosten für einen unterrichtsbegleitenden Gebärdendolmetscher im Schuljahr 2019/2020 zu übernehmen, weil die Lehrkräfte der Schule selbst keine ausreichenden Kompetenzen der deutschen Gebärdensprache (DGS) besäßen. Der Unterricht an der Schule werde überwiegend in Lautsprache abgehalten.

Das Sozialgericht Dresden hatte mit Beschluss vom 5. September 2019 den Sozialhilfeträger vorläufig verpflichtet, im Rahmen der Eingliederungshilfe die Kosten für einen DGS-Dolmetscher fürs erste Schulhalbjahr zu übernehmen. Dagegen hatte u.a. der Antragsgegner Beschwerde eingelegt, u.a. weil die Schule Lehrkräfte mit DGS-Kenntnissen zur Verfügung stellen müsse, die nunmehr mit Beschluss des Sächsischen Landessozialgerichts vom 3. Dezember 2019 (den Beteiligten erst vor Kurzem bekannt gegeben) zurückgewiesen worden ist. Die Beschwerde des Antragstellers, ihm mehr Stunden für das Schulhalbjahr 2019/2020 zu gewähren, ist ebenfalls erfolglos geblieben.

Der zuständige 8. Senat des Sächsischen Landessozialgerichts hat entschieden, dass die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Leistungen der Eingliederungshilfe im Sinne der §§ 53 ff. SGB XII vorliegen, nämlich ein Anspruch auf Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu, nach § 53 i.V.m. § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII, der in § 12 der Verordnung nach § 60 SGB XII Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglhV) konkretisiert wird. Der Kernbereich pädagogischer Tätigkeit wird durch die vom Antragsteller begehrte Unterrichtsassistenz durch einen Gebärdensprachdolmetscher nicht berührt. Es geht bei dem Antragsteller nicht um die Wissensvermittlung als solche, sondern um die Schaffung von (Grund-)Voraussetzungen, um überhaupt lernen zu können.

Die Gebärdensprache des Antragstellers ist nach summarischer Prüfung so hinreichend entwickelt, dass er bei einer Übersetzung des Schulunterrichts durch einen Dolmetscher von der Lautsprache in die DGS in ausreichendem Maße Wissen erwerben kann. In welchen Unterrichtsfächern dies noch und in welchem Ausmaß erreicht werden kann, ist eine Frage des Hauptsacheverfahrens und dort zu ermitteln. Die bisherige Unterrichtsgestaltung mit einem konzeptionell vorrangig lautsprachlichen Unterricht wird den Bedürfnissen des Antragstellers nicht gerecht.

Eine Verpflichtung des Schulträgers in Bezug auf seine Verpflichtungen nach dem Schulgesetz des Freistaates Sachsen ist im Rahmen des Sozialgerichtsverfahrens ausgeschlossen.

Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 3. Dezember 2019
Aktenzeichen: L 8 SO 94/19 B ER
weitere Verfahren: L 8 SO 95/19 B ER (Schwester des Antragstellers)

Neue Urteile des Sächsischen Landessozialgerichts zur Sonderversorgung der Angehörigen der Deutschen Volkspolizei der DDR

Die Klägerinnen und Kläger hatten gegen den Freistaat Sachsen geklagt, nachdem dieser die jeweiligen Beschäftigungszeiten als nachgewiesene Zeiten der Zugehörigkeit zur Sonderversorgung der Angehörigen der Deutschen Volkspolizei (Sonderversorgungssystem Nr. 2 der Anlage 2 zum AAÜG) und die in diesen Zeiträumen erzielten Jahresbruttoarbeitsentgelte festgestellt hatte, ohne das gezahlte Verpflegungsgeld, Bekleidungsgeld und – in einem Fall – Erschwerniszulagen zu berücksichtigen. Sie begehrten, diese Zahlungen als weitere Entgelte für Zeiten der Zugehörigkeit zur Sonderversorgung der Angehörigen der Deutschen Volkspolizei der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) feststellen zu lassen.

In den Berufungsverfahren hat das Sächsische Landessozialgericht mit drei Urteilen vom 18. Juni 2019 entschieden, erzieltes Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen im Sinne der einschlägigen Vorschriften bestimme sich nach dem bundesdeutschen Arbeitsentgeltbegriff nach § 14 SGB IV.

Verpflegungsgeld sowie Bekleidungsgeld seien nicht aus der Beschäftigung erzielt worden und keine Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung. Vielmehr handele es sich bei den Verpflegungs- und Bekleidungsgeldzahlungen lediglich um arbeitgeberseitige Zuwendungen, die sich ganz überwiegend als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen darstellten. Die Zahlung des Verpflegungsgeldes sei als Surrogat für die ansonsten kostenlos bereitgestellte Gemeinschaftsverpflegung erfolgt und habe der Aufrechterhaltung der Dienstbereitschaft und Funktionsfähigkeit der Angehörigen der Deutschen Volkspolizei und damit der ständigen Gewährleistung der staatlichen Aufgabenerfüllung gedient. Ebenso habe das Bekleidungsgeld ausschließlich dem Ziel, die Funktionsfähigkeit der Deutschen Volkspolizei durch die beschäftigten Volkspolizisten zu erhalten und damit die staatlichen Aufgaben erledigen zu können, gedient. Sowohl das Tragen von Uniformen als auch das ausnahmsweise gestattete Tragen von Zivilbekleidung habe darauf gezielt, ein einheitliches und diszipliniertes Erscheinungsbild nach Außen auszustrahlen.

Anders verhalte es sich bei zugeflossenen Geldprämien und Zuschlägen für erschwerte Bedingungen, weil es sich hierbei um nach dem maßgeblichen bundesrepublikanischen Recht bei Inkrafttreten des AAÜG steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit gehandelt habe.

Sächsisches Landessozialgericht, Urteile vom 18. Juni 2019

Aktenzeichen:
L 5 RS 503/17 – Verpflegungsgeld
L 5 RS 510/17 – Verpflegungsgeld und Bekleidungsgeld
L 5 RS 513/17 – Verpflegungsgeld, Geldprämien und Erschwerniszulage

 

Einladung zur Ausstellungseröffnung am 7. März 2019, 14.30 Uhr

Das Sächsische Landessozialgericht stellt im Rahmen der Reihe «Kunst & Justiz» Werke der Fotografen Michael Zill und Klaus Ruttloff in den Räumen der Chemnitzer Kauffahrtei aus.

Zur Eröffnung der Ausstellung «NATUR trifft auf KULTUR»

am Donnerstag, den 7. März 2019, um 14.30 Uhr

laden wir Sie ganz herzlich ein. Die Fotokünstler werden anwesend sein. Zur musikalischen Untermalung wird der Musiker Peter Dietze auf der Sitar spielen. Die Bilder können an diesem Tag bis 18 Uhr besichtigt werden.

Der Termin ist besonders für Bildberichterstattung geeignet.

Die Bilder können bis Ende Dezember 2019 während der Öffnungszeiten des Gerichts (montags bis donnerstags 8 bis 12 Uhr und 13 bis 15.30 Uhr, freitags 8 bis 12 Uhr) besichtigt werden; der Eintritt ist frei.

 

Eingangszahlen gehen wieder zurück – Personalsituation am Sächsischen Landessozialgericht weiterhin angespannt

 «Abrechnungsstreitigkeiten zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern nehmen inzwischen einen Umfang ein, der mit dem zur Verfügung stehenden Personal nicht zeitnah bewältigt werden kann», erklärte Dorrit Klotzbücher, seit 1. Juli 2018 Präsidentin des Sächsischen Landessozialgerichts (LSG), bei der jährlichen Pressekonferenz des Gerichts.

 

Das am 9. November 2018 vom Bundestag beschlossene «Pflegepersonal-Stärkungsgesetz» enthält Regelungen zu einer zwei- statt vorher vierjährigen Verjährung von Vergütungsansprüchen der Krankenhäuser bzw. Erstattungsansprüchen der Krankenkassen für Krankenhausbehandlungen der Versicherten. Zusätzlich bestimmt eine Übergangsregelung, dass Krankenkassen gehalten sind, vor dem 1. Januar 2017 entstandene Ansprüche auf Rückzahlung von an Krankenhäuser geleisteten Vergütungen bis zum 9. November 2018 gerichtlich geltend zu machen, um den Eintritt der Verjährung zu vermeiden. Daraufhin haben Krankenkassen bis zum 8. November 2018 bundesweit mehrere zehntausend Behandlungsfälle im Klagewege anhängig gemacht. In Sachsen ist insbesondere das Sozialgericht Dresden betroffen, wo zwei große Krankenkassen ihren Hauptsitz haben und schätzungsweise 1.380 Behandlungsfälle streitig gestellt worden sind.

Ansonsten ist es den drei Sozialgerichten in Sachsen in gelungen, ihren Verfahrensbestand abzubauen. Infolge eines leichten Rückgangs der Eingangszahlen in fast allen Rechtsgebieten und bei gleichzeitiger Steigerung der Erledigungen konnten die erstinstanzlichen Gerichte ihre Bestände verringern. Anders beim Sächsischen Landessozialgericht: «Die Erledigungszahlen des Vorjahres konnten 2018 nicht gehalten werden. Ich vermute, dass die Kolleginnen und Kollegen nicht mehr in der Lage sind, die andauernde Unterbesetzung durch eigenen Einsatz wettzumachen.», so Klotzbücher.

Größter Posten sind immer noch die Streitverfahren um das Arbeitslosengeld II: von 25.7427 neuen Verfahren an den Sozialgerichten machen sie allein 12.016 aus, am LSG bei 3.408 neuen Verfahren immerhin 1.170. Am 31. Dezember 2018 belief sich der Bestand an Verfahren aller Rechtsgebiete auf 33.964 an den drei Sozialgerichten und auf 5.181 am LSG.

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