2024
Konzept des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge zu den Bedarfen für Unterkunft für einen Einpersonenhaushalt in der Stadt Freital in den Zeiträumen vom 01.07.2013 bis 31.12.2013 und vom 01.07.2024 bis 31.12.2014
Der 7. Senat des Sächsischen Landessozialgerichts hat in zwei Verfahren (L 7 AS 150/20 und L 7 AS 358/24) am 09.12.2024 zur Höhe der angemessenen Kosten der Unterkunft im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge in den Zeiträumen vom 01.07.2013 bis 31.12.2013 und vom 01.07.2014 bis 31.12.2014 für einen Einpersonenhaushalt (Wohnfläche bis 45 m²) im Vergleichsraum 4 (Stadt Freital) entschieden, dass das zu zugrunde liegende Konzept unter Berücksichtigung der erfolgten Nachbesserungen und der Fortschreibung für die Zeit ab 01.11.2014 den vom Bundessozialgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an ein schlüssiges Konzept genügt.
Dabei ging der Senat bei der Prüfung des zugrunde liegenden Konzeptes u.a. davon aus, dass Ermittlungen zum Wohnungsstandard im konkreten Fall entbehrlich seien, da die Höhe des Mietpreises den Standard widerspiegele. Entscheidend sei, dass die Angemessenheitsgrenze so definiert sei, dass ein ausreichender Wohnraum für alle Leistungsempfänger zur Verfügung stehe. Diesem Erfordernis werde die Grenze des 33. Perzentils aus Bestandsmieten sowohl des einfachen, des mittleren und des gehobenen Wohnungsausstattungsstandards gerecht.
Zunächst geäußerte Bedenken des Senats hinsichtlich der fehlenden Bildung von Vergleichsräumen im Rahmen der Ermittlung der Angemessenheitsgrenze bei der Nettokaltmiete wurden nach weiteren Ermittlungen und entsprechenden Nachbesserungen ausgeräumt.
Höhere Leistungen, insbesondere solche nach der Wohngeldtabelle (inklusive eines zehnprozentigen Sicherheitszuschlags) – wie sie die Klägerin in den vorausgegangenen Klageverfahren begehrte und das Sozialgericht ausurteilte – kämen nicht in Betracht, weil lediglich Anspruch auf die vom Beklagten nach einem schlüssigen Konzept festgelegten angemessenen Unterkunftskosten sowie auf angemessene Heizkosten bestehe.
Für den Einpersonenhaushalt im Vergleichsraum 4 (Stadt Freital) ergeben sich in den Zeiträumen vom 01.07.2013 bis 31.12.2013 und vom 01.07.2014 bis 31.12.2014 folgende Werte:
Zeitraum 7/2013 bis 12/2013 und 7/2014 bis 10/2014
angemessene Nettokaltmiete 207,00 €
angemessene Nebenkosten ohne Heizkosten 50,40 €
angemessene Bruttokaltmiete (Summe ohne Heizkosten) 257,40 €
Zeitraum 11/2014 bis 12/2014
angemessene Nettokaltmiete 208,84 €
angemessene Nebenkosten ohne Heizkosten 52,27 €
angemessene Bruttokaltmiete (Summe ohne Heizkosten) 261,11 €
Der Senat hat die Revision jeweils nicht zugelassen.
Die schriftlichen Urteilsgründe liegen den Beteiligten vor.
Kein Härtefall / keine besondere Härte i.S.d. § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 letzter Teilsatz, Nr. 7 SGB II bei alleiniger geringfügiger Überschreitung der nunmehr gesetzlich geregelten Wohnflächengrenze
Der 7. Senat des Sächsischen Landessozialgerichts hat im Rahmen eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes (L 7 AS 379/24 B ER) mit Beschluss vom 13. November 2024 entschieden, dass ein selbstgenutztes Hausgrundstück nicht bereits deshalb nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB II von der Berücksichtigung als verwertbares Vermögen ausgenommen ist, weil es die maßgebliche Wohnfläche von bis zu 140 m² nur geringfügig überschreitet.
Gegenstand der Prüfung war, ob ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II im Zeitraum von Juli 2024 bis Dezember 2024 aufgrund verwertbaren Vermögens im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 1 SGB II ausgeschlossen ist.
Gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB II in der seit 1. Januar 2023 geltenden Fassung sind ein selbst genutztes Hausgrundstück mit bis zu 140 m² oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung mit bis zu 130 m² kein zu berücksichtigendes Vermögen. Damit gelten erstmals gesetzlich bestimmte Wohnflächengrenzen. Bei mehr als vier Personen erhöhen sie sich um jeweils 20 m². Davor hatte die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts Angemessenheitswerte bestimmt. Als Untergrenze galten 80 (Wohnung) bzw. 90 (Haus) m² als angemessen. Eine bis zu zehnprozentige Überschreitung schadete nicht. Nunmehr sind nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 letzter Teilsatz SGB II größere Wohnflächen anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung des Vermögens eine besondere Härte bedeuten würde.
Aufgrund dieser Neuregelungen hat der Senat das im Alleineigentum des Antragstellers stehende und von ihm allein bewohnte Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von 147 m² berücksichtigt. Nach der gesetzlichen Bestimmung eines erhöhten Wohnflächengrenzwertes bei teilweiser Entkoppelung von der Anzahl der Bewohner und Vorhandensein einer Härtefallregelung scheide sowohl eine allgemeine Erhöhung der genannten Wohnflächen um 10 % als auch die Annahme eines Härtefalles nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 letzter Teilsatz SGB II oder einer besonderen Härte § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB II aus, wenn außer einer nur geringfügigen Überschreitung der angemessenen Wohnfläche keine sonstigen Gründe für die Annahme einer Härtefalles oder einer besonderen Härte vorliegen.
Konzept der Stadt Leipzig zu den Bedarfen für Unterkunft für Ein-Personen-Haushalte im Grundsatz bestätigt
Der 10. Senat und der 4. Senat des Sächsischen Landessozialgerichts haben mit Urteilen vom 15. Dezember 2023 und vom 19. Dezember 2023 in unterschiedlichen Verfahren über die Höhe der angemessenen Kosten der Unterkunft einschließlich Betriebskostenvorauszahlungen in der Stadt Leipzig entschieden.
Gegenstand der Prüfung waren die inzwischen durch teilweise geänderte Folgekonzepte abgelösten sog. KdU-Richtlinien von 2014 (10. Senat) und 2018 (4. Senat), die auf den vom Stadtrat der Stadt Leipzig beschlossenen Konzepten beruhten.
Während die Rechtsprechung des Sozialgerichts Leipzig uneinheitlich war und einige Kammern die Richtlinien für nicht schlüssig i.S.d. Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hielten und daher nicht anwandten, hat das Sächsische Landessozialgericht nunmehr entschieden, dass die Konzepte dem Grunde nach schlüssig sind und im Einzelnen festgestellte Mängel durch rechnerische Korrekturen und Preisanpassungen behoben werden können. Auch das Ergebnis der Verfügbarkeitsprüfung sei nicht zu beanstanden.
Um anerkannte mathematisch-statistische Grundsätze der Datenauswertung vollständig einzuhalten, ist die Berücksichtigung eines Konfidenzintervalls erforderlich. Dieser Mangel konnte durch Neubestimmung der angemessenen Nettokaltmiete unter Berücksichtigung des Konfidenzintervalls beseitigt werden.
Hinsichtlich der KdU-Richtlinie 2018 war nicht hinreichend aktuelles Datenmaterial verwendet worden. Insbesondere die erkennbare Preisentwicklung zwischen Erhebungszeitpunkt und Anwendungszeitraum des Konzeptes hätte eine Aktualisierung erforderlich gemacht. Auch insoweit konnte das Konzept unter Berücksichtigung des Verbraucherpreisindexes für die Jahre 2016 und 2017 fortgeschrieben werden. Dasselbe gilt für die zu niedrig angesetzten Werte für kalte Betriebskosten.
Für die KdU-Richtlinie 2014 war die Fortschreibung ab 1. Januar 2017 nachzuholen, die sich sowohl hinsichtlich der Nettokaltmiete als auch der kalten Betriebskosten an den zwischenzeitlich erhobenen Daten und nicht am Verbraucherpreisindex zu orientieren hatte.
Nach Korrektur durch das Sächsische Landessozialgericht ergeben sich für Ein-Personen-Haushalte in Leipzig folgende Werte:
Zeitraum | Nettokaltmiete pro Quadratmeter | Betriebskosten pro Quadratmeter | Summe (ohne Heizkosten) |
12/2014 bis 12/2016 | 4,72 EUR | 1,3902 EUR | 6,1102 EUR |
1/2017 bis 12/2017 | 4,8921 EUR | 1,4244 EUR | 6,3165 EUR |
4/2018 bis 3/2019 | 4,99 EUR | 1,46 EUR | 6,45 EUR |
Die Senate haben die Revision jeweils nicht zugelassen.
Die schriftlichen Urteilsgründe liegen den Beteiligten im Verfahren des 4. Senates vor.
Konzepte 2013 und 2016 des Landkreises Bautzen für den Vergleichsraum 5 (Kamenzer Land) für Unterkunft für einen Drei-Personen-Haushalt bestätigt
Der 7. Senat des Sächsischen Landessozialgerichts hat mit Urteilen vom 14.12.2023 in drei Verfahren entschieden, wie hoch die angemessenen Kosten der Unterkunft im Landkreis Bautzen, Vergleichsraum 5 (Kamenzer Land), für einen Drei-Personen-Haushalt sein dürfen.
Im den zugrundeliegenden drei Klageverfahren vor dem Sozialgericht Dresden begehrten die Klägerin zu 1.) und deren damals minderjährige Kinder (Klägerin zu 2. und Kläger zu 3.) in den Zeiträumen vom 01.03.2015 bis 30.11.2015 (L 7 AS 868/18), vom 01.12.2015 bis 31.08.2016 (L 7 AS 869/18) und vom 01.09.2016 bis 31.08.2017 (L 7 AS 870/18) die Bewilligung höherer Kosten der Unterkunft und Heizung für die von ihnen in den streitigen Zeiträumen bewohnte abgeschlossene Wohneinheit (98 m²) im Wohnhaus des Vaters der Klägerin zu 1.) (insgesamt 208 m² Wohnfläche).
Gegenstand der Prüfung waren die Konzepte 2013 „in der Fassung der Weiterentwicklung wie im Konzept 2016“ und 2016 und damit die Unterkunfts- und Heizkostenrichtlinien des Landkreises Bautzen vom 10.07.2013 und vom 14.12.2016 (mit Geltung bis 31.12.2018).
Beim Sozialgericht Dresden hatten die Klagen unter Zugrundelegung der anteiligen tatsächlichen Kosten für das Gesamtgebäude bei Annahme eines Scheinmietverhältnisses teilweise Erfolg (Gerichtsbescheide vom 21.08.2018, 22.08.2018). Eine Prüfung der zugrunde liegenden KdU-Konzepte erfolgte nicht, da übersteigende Kosten dann allein auf Heizkosten beruhten. Gegen diese Gerichtsbescheide haben sowohl die Kläger als auch die Beklagte Berufungen eingelegt, letztere im Wege der Anschlussberufung.
Der 7. Senat hat unter Ablehnung der Annahme eines Scheinmietverhältnisses nun entschieden, dass die zu prüfenden Konzepte unter Berücksichtigung der erfolgten Nachbesserungen den vom BSG in seiner Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an ein schlüssiges Konzept genügen. Sowohl die Vergleichsraumbildung als auch die gewählte Methode im Konzept, in einem definierten Umfang Bestandsmieten und Angebotsmieten unter Einbeziehung auch der Daten der SGB-II-Leistungsbezieher zu erheben, seien nicht zu beanstanden. Die zunächst geäußerten Bedenken des Senats hinsichtlich der ausreichenden Berücksichtigung von Daten der Kleinvermieter und von Angebotsmieten konnten nach weiteren Ermittlungen und entsprechenden Nachbesserungen ausgeräumt werden. Auch der gewählte Weg der Verfügbarkeitsprüfung und der ermittelte Referenzwert für die kalten Betriebskosten seien nicht zu beanstanden.
Hinzu kommen die Heizkosten, die in den vorliegenden Fallgestaltungen ausgehend von den tatsächlichen Heizkosten und begrenzt durch die angemessene Wohnfläche für einen Drei-Personen-Haushalt zu übernehmen seien.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Die schriftlichen Urteilsgründe liegen den Beteiligten vor.