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2020

Die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Chemnitz hat mit Beschluss vom heutigen Tag einen Eilantrag gegen die Allgemeinverfügung der Stadt Chemnitz vom 28.12.2020, mit der das Mitführen und Abbrennen von Feuerwerkskörpern (ausgenommen Feuerwerkskörper der Kategorie F1) für den Zeitraum vom 31. Dezember 2020, 0:00 Uhr bis 1. Januar 2021, 24:00 Uhr auf allen öffentlichen Straßen, Plätzen und Flächen sowie auf privaten, aber für jedermann zugänglichen Flächen untersagt wurde, abgelehnt.

Der Antragsteller hat gegen die Allgemeinverfügung bei der Stadt Chemnitz Widerspruch eingelegt und begehrte vom Verwaltungsgericht Chemnitz die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs, also die Außervollzugsetzung des Verbots. Er trägt vor, dass er noch Feuerwerkskörper aus dem Vorjahr habe und diese zum Jahreswechsel zünden wolle. Die Maßnahme der Stadt Chemnitz sei nicht geeignet, eine Gefahr nach dem Infektionsschutzgesetz einzudämmen. Zudem sehe die Sächsische Corona-Schutz-Verordnung eine Vielzahl von Maßnahmen vor, die verhindern würden, dass sich in der Silvesternacht Ansammlungen von Menschen in der Öffentlichkeit bilden. Ein grundsätzliches Feuerwerksverbot sei unverhältnismäßig. Ein lokal beschränktes Feuerwerksverbot an kritischen Orten wie dem Theaterplatz oder dem Nischel sei ausreichend. Auch könne das Verbot auch nicht mit einer angeblichen Überlastung des Gesundheitssystems begründet werden.

Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass die Allgemeinverfügung rechtmäßig ist.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts beruht das in der Allgemeinverfügung geregelte Verbot mit § 32 Satz 1 und 2 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1, § 28a Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) i.V.m. § 8 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt zum Schutz vor dem Coronavirus SARS-CoV-2 und COVID-19 (Sächsische Corona-Schutz-Verordnung – SächsCoronaSchVO) auf einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage. Zudem greifen die Regelungen der Allgemeinverfügung auch nicht unverhältnismäßig in das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit des Antragstellers ein.

Die Stadt Chemnitz verfolgt den legitimen Zweck, zusätzliche Kontakte durch Treffen im öffentlichen bzw. öffentlich zugänglichen Raum zum Abbrennen von Feuerwerkskörpern und damit einhergehende Gruppenbildungen zu unterbinden. Zudem verfolgt die Antragsgegnerin den legitimen Zweck, eine zusätzliche Belastung der Krankenhäuser durch feuerwerkstypische Verletzungen zu vermeiden, um das durch die Pandemie enormer Belastung ausgesetzte Gesundheitssystem nicht weiter zu belasten. 

Das Verbot ist hierzu auch geeignet und erforderlich. Mildere Mittel standen für die Stadt nicht zur Verfügung, wobei der Stadt ein Einschätzungsspielraum zur Verfügung stand. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts ist ein lokal beschränktes Feuerwerksverbot an traditionell kritischen Orten (Theaterplatz, "Nischel") nicht gleich geeignet, zu einer Reduzierung der Sozialkontakte und damit des Infektionsgeschehens beizutragen, wie die Vermeidung jedweder Anreize sich in die Öffentlichkeit zu begeben, was durch die angegriffene Allgemeinverfügung bewirkt wird. Andernfalls käme es nur zu einer Verlagerung des unerwünschten Verhaltens.

Die Allgemeinverfügung ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichts auch angemessen. Angesichts der gravierenden Folgen der Weiterverbreitung des Corona-Virus für Leib und Leben einer Vielzahl von Menschen und der damit verbundenen notwendigen Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems Deutschlands. Es bleibt dem Antragsteller unbenommen, in der Silvesternacht unter Beachtung der übrigen sich aus der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung ergebenden Maßgaben im nicht öffentlichen Raum – zum Beispiel auf dem zur Wohnung gehörenden Grundstück – pyrotechnische Gegenstände abzubrennen.

Der durch Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz (GG) gebotene Schutz vor Gefahren für Leib und Leben der von einer Ansteckung mit COVID-19 bedrohten Personen durch das Abbrennverbot überwiegt die durch die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) geschützten Interessen des Antragstellers an der Durchführung eines Silvesterfeuerwerks.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

(Verwaltungsgericht Chemnitz, Beschluss vom 30.12.2020 – 4 L 693/20)

Peter Franke
Pressesprecher

Was ist passiert?

Die Antragstellerin hat bei der Stadt Chemnitz eine Ausnahmegenehmigung für die Durchführung einer Versammlung beantragt.

Diese Versammlung soll mit 500 Teilnehmern am 24.04.2020 in der Zeit von 17:30 Uhr bis 23:00 Uhr vor dem Karl-Marx-Monument auf der Brückenstraße in Chemnitz stattfinden. Sie soll unter dem Motto stehen "Wir wollen raus! Staatliche Willkür beenden!".

Die Stadt Chemnitz hat mit Bescheid vom 22.04.2020 die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Durchführung dieser Versammlung abgelehnt.

Gegen diesen Ablehnungsbescheid wendet sich die Antragstellerin mit ihrem Antrag bei dem Verwaltungsgericht Chemnitz vom 23.04.2020. Sie begehrt die Erteilung der Ausnahmegenehmigung für die Versammlung im Wege einer einstweiligen Anordnung.

Worum geht es rechtlich?

Versammlungen sind in der derzeitigen Krisensituation im Freistaat Sachsen grundsätzlich verboten. Dies folgt rechtlich aus § 28 Absatz 1 Satz 2 Infektionsschutzgesetz in Verbindung mit § 3 Absatz 1 Satz 1 Sächsische Corona-Schutz-Verordnung. Dieses Versammlungsverbot gilt zwar grundsätzlich, aber nicht ausnahmslos. Auf Antrag können Versammlungen durch die zuständige Behörde erlaubt werden, wenn diese infektionsschutzrechtlich vertretbar sind. Dies folgt auf § 3 Absatz 3 Sächsische Corona-Schutz-Verordnung.

Die Antragstellerin hält ihre Versammlung für infektionsschutzrechtlich vertretbar. Sie ist im Besonderen der Auffassung, dass die Einhaltung der notwendigen infektionsschutzrechtlichen Schutzvorkehrungen durch den Einsatz von Ordnern gewährleistet werden kann. Ferner habe sie in den sozialen Netzwerken auch auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 20.04.2020 unter dem Aktenzeichen 7 L 221/20 hingewiesen. Mit diesem Beschluss hatte das Verwaltungsgericht Chemnitz die Durchführung der letzten Versammlung der Antragstellerin unter strengen Auflagen für zulässig erachtet.

Die Stadt Chemnitz hält indes die Versammlung für infektionsschutzrechtlich nicht vertretbar. Das Verwaltungsgericht Chemnitz habe seinem Beschluss vom 20.04.2020 zur letzten Versammlung der Antragstellerin die Erwägung zu Grunde gelegt, dass sich am Versammlungsort neben der erlaubten Teilnehmerzahl noch bis zu 50 weitere Personen aufhalten könnten. Ausgehend von dieser Erwägung und dem zur Verfügung stehenden Platzangebot am Versammlungsort hat das Gericht die damalige Versammlung letztlich mit einer stark begrenzten Teilnehmerzahl von 15 Personen und unter strengen weiteren Auflagen für infektionsschutzrechtlich gerade noch vertretbar erachtet. Die Antragstellerin habe dann aber trotz Kenntnis vom Gerichtsbeschluss zur uneingeschränkten Teilnahme an ihrer letzten Versammlung aufgerufen. Während der Versammlung seien dann auch weit mehr Personen anwesend gewesen. Der jetzige Antrag auf Erteilung der begehrten Ausnahmegenehmigung habe deshalb komplett abgelehnt werden müssen.

Wie hat das Gericht entschieden?

Das Verwaltungsgericht hat die Stadt Chemnitz mit seinem Beschluss vom 23.04.2020 im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes verpflichtet:

  • die Versammlung stationär auf dem markierten Versammlungsgelände
  • unter Einhaltung eines Mindestabstandes von 2 m zwischen den Versammlungsteilnehmern
  • mit maximal 15 Versammlungsteilnehmern, welche sämtlich einen geeigneten Mundschutz zu tragen haben,
  • im Zeitraum von 18:30 bis 19:30 Uhr

zuzulassen.

Das Gericht war bei seiner Prüfung an verfassungsrechtliche Vorgaben gebunden. So hat bspw. das Bundesverfassungsgericht am 17.04.2020 eine Versammlung mit 50 Teilnehmern ermöglicht. Das Gericht musste prüfen, ob die konkrete Versammlung im Einzelfall – jedenfalls bei Einhaltung strenger Auflagen – infektionsschutzrechtlich noch vertretbar ist oder nicht. Dabei hat das Gericht das Infektionsrisiko – unter Achtung der verfassungsrechtlichen Vorgaben – mit dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit abgewogen. Auf Seiten des Infektionsrisikos war dabei nicht (nur) von einer auflagenfreien Versammlung auszugehen. Das Gericht hatte vielmehr auch zu prüfen, ob geeignete Auflagen das Infektionsrisiko im Einzelfall auf ein gerade noch vertretbares Maß absenken könnten, so dass die Versammlung unter Beachtung dieser Auflagen ermöglicht werden kann. Dies war hier zur Überzeugung des Gerichts der Fall.

Bei der Auflagenerteilung hat sich das Gericht dabei im Ausgangspunkt an den infektionsschutzrechtlichen Wertungen des § 3 Absatz 2 Nr. 3 Sächsische Corona-Schutz-Verordnung orientiert. Demnach sind nunmehr etwa Gottesdienste und Beerdigungen (auch unter freiem Himmel) infektionsschutzrechtlich vertretbar, wenn nicht mehr als 15 Personen teilnehmen. Diese Wertungen hat das Gericht sodann auf den vorliegenden Einzelfall angewendet, dabei aber auch die Besonderheiten des Einzelfalls in den Blick genommen. Zum einen war bei der Festlegung der zulässigen Teilnehmerzahl nicht nur auf die Sächsische Corona-Schutz-Verordnung abzustellen, sondern auch auf den tatsächlich verfügbaren Platz am Versammlungsort. Die Teilnehmeranzahl musste mit dem dort verfügbaren Platzangebot in Übereinstimmung gebracht werden, um die allgemeingültigen Vorgaben des Infektionsschutzes einhalten zu können. Unter Abwägung dieser Aspekte gelangte das Gericht im Ergebnis seiner Prüfung zu der Überzeugung, dass die Versammlung im vorliegenden Einzelfall bei Einhaltung der Auflagen mit 15 Teilnehmern stationär und zeitlich auf eine Stunde begrenzt stattfinden könne und infektionsschutzrechtlich gerade noch vertretbar ist.

Das Gericht hat ebenfalls bedacht, dass neben der erlaubten Teilnehmerzahl sich weitere Personen am Versammlungsort aufhalten können (z. B. Polizisten, Medienvertreter, Passanten und nicht genehmigte Versammlungsteilnehmer) und im Lauf der Versammlung sich diese zusätzliche Anzahl an Personen vor Ort noch vergrößern kann. In Auswertung der letzten Versammlung am 20.04.2020 hat das Verwaltungsgericht dieses Mal noch die folgende Maßgabe erlassen:

  • Alle Versammlungsteilnehmer haben sich am 24.04.2020 vor dem Versammlungsbeginn auf dem Stadtwerkeparkplatz (räumlich getrennt vom Versammlungsort) einzufinden und sich in Abstimmung mit dem Versammlungsleiter zu erkennen zu geben.

Mit dieser Maßgabe wird sichergestellt, dass zeitlich vor der Versammlung und räumlich getrennt vom Versammlungsort die zugelassenen Versammlungsteilnehmer der Polizei bekanntgegeben und von Personen getrennt werden, welche ebenfalls an der Versammlung teilnehmen wollten aber dies wegen der Beschränkung der Teilnehmerzahl nun nicht mehr können. Dadurch soll eine größere Menschenansammlung am Versammlungsort verhindert werden. Diese zusätzliche Maßgabe ist erforderlich, weil in Auswertung der letzten Versammlung davon auszugehen ist, dass sich – ungeachtet der begrenzten Teilnehmerzahl – eine Vielzahl von Personen zum Versammlungsort begeben wird. Damit wird der Polizei die notwendige Kontrolle über die Einhaltung der infektionsschutzrechtlichen Schutzvorkehrungen maßgeblich erleichtert.

Gegen diesen Beschluss steht beiden Beteiligten binnen einer Frist von zwei Wochen die Möglichkeit der Beschwerde zum Sächsischen Oberverwaltungsgericht zu.

Wie lauten die formellen Verfahrensdaten?

Gerichtsaktenzeichen des Eilantrags:
7 L 228/20

Datum des Eilbeschlusses:
23.04.2020

Rubrum:
P.C. ./. Stadt Chemnitz

Hinweis:
Bislang ist kein Klageverfahren anhängig.

Jeannot Reichert
- Pressesprecher -

 

Zur Frage der Rechtmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der in der Allgemeinverfügung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 22.03.2020 normierten Ausgangsbeschränkung 

Was ist passiert?

Zur Eindämmung der aktuellen Corona-Pandemie hat das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt am 22.03.2020 eine Allgemeinverfügung zum Vollzug des Infektionsschutzgesetzes erlassen. In Ziffer 1 dieser Allgemeinverfügung hat das Staatsministerium das Verlassen der Wohnung ohne triftigen Grund untersagt (Ausgangsbeschränkung).

Gegen diese Ausgangsbeschränkung wendet sich der Kläger mit seiner Klage und seinem Antrag auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz vom 23.03.2020.

Worum geht es?

Der Kläger ist zum einen der Auffassung, dass die Ausgangsbeschränkung nicht auf das Infektionsschutzgesetz gestützt werden kann. Zudem anderen hält er die Ausgangssperre für unverhältnismäßig.

Im Besonderen ist er der Auffassung, dass eine Ausgangsbeschränkung, die sich abstrakt gegen jeden Einzelnen wendet, nicht auf das Infektionsschutzgesetz gestützt werden kann. Das Infektionsschutzgesetz erlaube in diesem Zusammenhang nur Maßnahmen gegen infizierte Personen. Bis jetzt würden die festgestellten Infektionszahlen im Freistaat Sachsen aber keinen Verdacht der Infektion eines jeden Einzelnen begründen. Auch führe die Ausgangsbeschränkung zu einer unbefristeten Freiheitsbeschränkung und damit auch zu einem erheblichen Grundrechtseingriff. Deshalb sei vorliegend auch die Begrenzung der Ausgangsbeschränkung nur auf besonders schutzbedürftige Personengruppen notwendig.

Das sieht der Freistaat Sachsen anders: Die Ausgangsbeschränkung sei zur Eindämmung der Corona-Pandemie sowohl zulässig als auch gerechtfertigt. Die Ausgangsbeschränkung könne auf das Infektionsschutzgesetz gestützt werden. Ferner sei eine Begrenzung derselben – nur auf einzelne Personen oder Personengruppen – weder sinnvoll noch rechtlich geboten.

Das Virus sei hochgradig ansteckend und verbreite sich vorrangig über eine Tröpfcheninfektion. Im Besonderen bei Risikogruppen (aber nicht nur bei diesen) bestehe hier eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen schweren und letztlich tödlichen Verlauf der Erkrankung. Die Reduktion direkter sozialer Kontakte auf ein Minimum sei daher geeignet, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. Die Ausgangsbeschränkung sei deshalb auch erforderlich, denn ohne sie bestünde sonst die Gefahr einer weiteren und raschen Ausbreitung der Infektion. Zudem stünden andere Maßnahmen derzeit nicht zur Verfügung oder seien nicht erfolgversprechend. Bislang gäbe es weder Heiltherapien noch präventive Impfungen. Angesicht dieser  Gefahren für Leib und Leben einer Vielzahl von Menschen sei die Ausgangsbeschränkung angemessen. Zudem würden die Interessen jedes Einzelnen berücksichtigt werden. Die Ausgangsbeschränkung gelte gerade nicht ausnahmslos. Aus triftigem Grund darf die Wohnung auch während der Ausgangsbeschränkung verlassen werden.

Wie hat das Gericht entschieden?

Das Verwaltungsgericht Chemnitz hat den Eilantrag mit Beschluss vom 27. März 2020 abgelehnt.

Das Gericht ist im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu der Überzeugung gelangt, dass die Ausgangsbeschränkung auch unter Berücksichtigung der Grundrechtsrelevanz auf das Infektionsschutzgesetz gestützt werden kann. Namentlich findet diese in der Generalklausel des § 28 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz ihre Rechtsgrundlage. Die Generalklausel erlaubt im vorliegenden Zusammenhang auch Maßnahmen gegen nicht infizierte Personen.

Das Gericht ist der Überzeugung, dass die gegenwärtigen Umstände in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie außergewöhnlich sind und  ein kurzfristiges und entschiedenes Handeln des Staates zur Eindämmung der Pandemie geboten ist. Die Ausgangsbeschränkung durfte daher auf die Generalklausel des § 28 Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes gestützt werden. Die angeordnete Ausgangsbeschränkung ist zudem geeignet, erforderlich und angemessen, um die weitere Verbreitung des Virus – und vor allem seine Verbreitungsgeschwindigkeit – einzudämmen.

Auch führt die Interessenabwägung zu einem Überwiegen des öffentlichen Vollzugsinteresses gegenüber dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Das Gericht schließt sich insoweit der Auffassung des Freistaates Sachsen an.

Der Antrag war deshalb abzulehnen. Gegen diesen ablehnenden Beschluss besteht binnen einer Frist von zwei Wochen die Möglichkeit der Beschwerde zum Sächsischen Oberverwaltungsgericht.

Die Klage ist aber weiterhin anhängig und wird zu einem späteren Zeitpunkt verhandelt und entschieden werden.

Wie lauten die formellen Verfahrensdaten?

Aktenzeichen der Allgemeinverfügung:
15-5422/10

Gerichtsaktenzeichen des Eilantrags:
4 L 194/20

Datum des Eilbeschlusses:
27.03.2020

Rubrum:
B.B. ./. Freistaat Sachsen

Hinweis:
Das Klageverfahren ist noch anhängig.

Jeannot Reichert
- Pressesprecher -

Was ist passiert?

Der Kläger betreibt das Zughotel Wolkenstein im Erzgebirge. Er bietet Übernachtungen in seinen Ferienzügen und im historischen Bahnhof – direkt gelegen an der ehemaligen Schmalspurbahnstrecke der Preßnitztalbahn – in Wolkenstein an.

Nun hat der MDR den Kläger zur Zahlung von Rundfunkbeiträgen für sein Zughotel in Wolkenstein verpflichtet.

Worum geht es?

Der Kläger ist der Auffassung, dass er für seine Schlafabteile mit Doppelstockbetten keinen Rundfunkbeitrag zahlen müsse. Einer dieser Waggons sei beispielsweise ein original erhaltener Waggon der Königlich Sächsischen Staatseisenbahn aus dem Jahr 1895. Seine Gäste würden größten Wert auf den Erhalt des Originalzustandes der Waggons legen. Und zu diesem würden nun einmal weder in der 1. noch in der 2. Klasse Radios oder Fernsehgeräte gehören. Es gäbe auch gar nicht den Platz, um solche Empfangsgeräte in den Schlafabteilen unterzubringen. Also habe er auch keine. Also müsse er für seine Schlafabteile auch keinen Rundfunkbeitrag zahlen. Dies möchte der Kläger gerichtlich feststellen lassen.

Das sieht der MDR anders: der Kläger habe die Beitragsbescheide - bis auf einen - nicht angefochten, sie seien daher bestandskräftig. Der Kläger habe daher keinen Anspruch auf eine gegenteilige gerichtliche Feststellung.

Was ist rechtlich kurios?

Sowohl der Kläger als auch der MDR beziehen sich bei ihrer Argumentation auf dieselbe Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (nämlich auf das Urteil vom 27.09.2017 in dem Verfahren 6 C 32/16). Und das, obwohl beide Seiten vollkommen andere Schlüsse aus dieser Entscheidung ziehen.

Wann wird verhandelt?

Das Verwaltungsgericht Chemnitz wird diesen speziellen Fall am 26. Februar 2020 verhandeln und die Frage entscheiden, ob der Kläger tatsächlich die gerichtliche Feststellung verlangen kann, dass er für seine Schlafabteile keinen Rundfunkbeitrag zahlen muss. Außerdem wird das Gericht klären, welche Schlüsse beide Seiten in diesem Fall hier wirklich aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.09.2017 ziehen können.

Wie lauten die formellen Verfahrensdaten?

Aktenzeichen des Gerichts:
3 K 1182/18

Verhandlungstag:
26.02.2020

Sitzungssaal 4

Rubrum:
U.R. ./. MDR

Hinweis:
Es ist mit Einlasskontrollen zu rechnen.

 Jeannot Reichert
- Pressesprecher -

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